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News: Fatales Gerichtsurteil

Webseiten-Betreiber haften für Verlinkungen auf andere Webseiten mit Urheberrechtsverletzungen

Michael Nickles / 107 Antworten / Flachansicht Nickles
Landgericht Hamburg. (Foto: mn)

Das Hamburger Landgericht hat ein Urteil gefällt, das für gewerbliche Webseiten-Betreiber fatale Folgen haben kann, meldet Heise: sie haften künftig für Verlinkungen auf andere Webseiten auf denen Urheberrechtsverstöße stattfinden.

Im aktuellen Fall handelte es sich gar um eine besonders lächerliche Urheberrechtsverletzung. Auf der verlinkten Seite war ein prinzipiell kostenloses Bild veröffentlicht.

Dessen Urheber verlangte lediglich einen Hinweis unter dem Bild - und dieser Hinweis wurde vergessen. So etwas passiert sehr rasch, da beispielsweise gerade bei Creative-Commons-Lizenzen die exakten Nutzungsbedingungen oft nur mühselig verständlich sind (Paradebeispiel Wikipedia).

Dem Verklagten bleibt jetzt nur noch der sehr kostspielige Weg durch die Instanzen.

Michael Nickles meint:

Kommen wir gleich zur Sache. Um es klar zu machen: oben habe ich auf einen Bericht von Heise verlinkt und riskiere damit theoretisch bereits das Ende von Nickles.de. Denn: befindet sich auf der Seite von Heise.de beispielsweise irgendein Foto, an dem Heise keine Urheberrechte hat, dann kann Nickles.de dewegen abgemahnt werden - und Abmahnungen sind bekanntlich verdammt kostspielig.

Noch blöder: auch wenn sich aktuell auf der verlinkten Seite keine Urheberrechtsverletzung befindet, besteht keine Garantie, dass sich das nicht jeden Augenblick ändert. Webseiten sind bekanntlich nicht starr, ihre Inhalte (dazu zählen auch Werbungseinblendungen und Eigenanzeigen) ändern sich in den meisten Fällen zumindest teilweise dynamisch.

Für gewerbliche Webseitenbetreiber halten es die Hamburger Richter also wohl vertretbar, dass diese sämtliche Verlinkungen auf ihren Seiten nonstop live überprüfen (was technisch selbsterklärend unmöglich ist).

Meine ausdrückliche Warnung gilt übrigens bezüglich der Interpretation "gewerbliche Webseiten" mit "Gewinnerzielungsabsicht". Auf Abmahnungen spezialisierte Anwälte schaffen es mühelos selbst banalsten privaten Webseiten irgendeinen gewerblichen Charakter anzudichten. Dem kann dann vor Gericht natürlich widersprochen werden - aber die Prozesskosten sind für normale Menschen in den meisten Fällen kaum stemmbar.

In den vergangenen 3 Jahren hat Nickles.de übrigens keinen einzigen Abmahnungsprozess verloren. Das hat aber dennoch leider rund 18.000 Euro an Anwaltsgebühren verschlungen (und irre viel Zeit und Arbeit) um die Abmahnungen abzuwenden. Vor allem dank der Premiummitglieder, die Nickles.de finanziell unterstützen, war es möglich diese Kosten zu stemmen. Wer das ebenfalls tun mag hat hier die Möglichkeit. Danke!

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mawe2 cbt81 „Das klingt gerade sehr nach einem Teufelskreis. Nehmen wir mal an bit.ly verlinkt auf eine Webseite, auf der eine ...“
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Was ist dann wenn jemand zusätzlich noch auf mich verlinkt? Ist er dann auch fällig

Nach der Denkweise des LG Hamburg: Ja.

Es ist eine Zugänglichmachung von urheberrechtlich problematischen Inhalten.

Das LG Hamburg hat nicht gesagt, ab wieviel zwischengeschalteten weiterverlinkenden Sites diese Zugänglichmachung endet.

Das nimmt vielleicht gerade abstrakte Formen an, aber irgendwo im Internet taucht jede Seite auf einer anderen Seite auf und deshalb kann dann theoretisch jeder Kommerzielle User dicht machen, weil er auf jemanden verlinkt hat, der auf jemanden verlinkt hat, der wiederrum auf jemanden verlinkt hat, der eine Urheberrechtsverletzung begangen hat, weil er bei einem eigentlich kostenlosen Bild, das unter einer Creative-Commons-Lizenz läuft vergessen hat den Namen des Urhebers zu setzen?

Ganz genau so ist es.

Deswegen ist der Beschluss nicht einfach nur "blödsinng" (wie es im Einzelfall immer mal passieren kann) sondern er ist schlicht existenzbedrohend für das Web als solches.

Und soviel Intelligenz erwarte ich einfach von einem Richter (egal ob nun am LG Hamburg oder am EuGH), dass er die Tragweite seiner Entscheidungen wenigstens ansatzweise selbst erkennt.

Der Beschluss ist in etwa so klug, wie die Entscheidung von Herodes, einfach mal alle (männlichen) Kinder eines bestimmten Jahrgangs umbringen zu lassen, weil man genau ein Kind damit beseitigen möchte:

https://de.wikipedia.org/wiki/Kindermord_in_Betlehem

Weil man einen Einzelfall "lösen" möchte, tötet man Tausende...

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