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News: Appetitverderber

Chefkoch muss an Marion blechen

Michael Nickles / 115 Antworten / Flachansicht Nickles

Nicht nur im Privat-TV wird gekocht wie verrückt, auch im Internet sind Webseiten mit Rezeptsammlungen sehr beliebt. Seit einiger Zeit herrscht Krieg zwischen chefkoch.de und marions-kochbuch.de.

Bei chefkoch.de können "Foren-Teilnehmer" eigene Rezepte mit Fotos hochladen. Dabei haben sich die publizierenden Hobby-Köche auch beim Bildmaterial von "Marion's Kochbuch" bedient und die hat deshalb chefkoch.de wegen Urheberrechtsverletzung verklagt. Bereits 2007 kriegte "Marion" von ein Gericht recht, aufgrund Revision vom "Chefkoch" ging die Sache allerdings vor den Bundesgerichtshof.

Und der hat das Urteil jetzt bestätigt und "Marion" auch Schadensersatz zugesprochen (siehe Verwendung fremder Fotos für Rezeptsammlung im Internet). Konkret wurde der Betreiber eines Internet-Forums also für Beiträge seiner Forenteilnehmer verantwortlich gemacht und muss jetzt "blechen".

Das Urteil wird viele stutzig machen, denn gerade erst gab es ja eine Pressemitteilung der Bitkom, die erläutert, wie und wann Forenbetreiber für Beiträge haftbar gemacht werden können (siehe BGH: Forenbetreiber sind für Beiträge haftbar). Die aktuelle Rechtslage enthält ein deutliches ABER. Eine Haftbarkeit kommt nur dann in Frage, wenn ein Forenbetreiber auf eine Urheberrechtsverletzung aufmerksam gemacht wird und nicht darauf reagiert!

Im Fall von Chefkoch ist die Sache allerdings etwas anderes gelagert. Auf dieser Webseite werden eingereichte Rezepte von den Betreibern grundsätzlich VOR ihrer Veröffentlichung kontrolliert. Die Richter sahen es auch als erwiesen, dass Chefkoch ganz klar selbst die Verantwortung für veröffentlichte Rezepte übernimmt.

Unter anderem müssen Leute die unbezahlt Rezepte bei Chefkoch einreichen, dem Seitenbetreiber auch das Recht zur beliebigen Vervielfältigung der Rezepte und Fotos übertragen. Schließlich versieht Chefkoch auch alle Rezepte mit seinem eigenen Logo. Konkret lässt sich das "Chefkoch-Urteil" also nicht generell auf Internet-Foren übertragen, es ist ein Spezialfall.

Michael Nickles meint: Bei den meisten Berichten über dieses Urteil, gehen ein paar sehr interessante Aspekt komplett unter. So hatte "Marion" beispielsweise schon mal gegen ein Forum geklagt, in dem ein Bild ihrer "Kochseite" veröffentlicht wurde und kriegte vom Hamburger Landgericht Recht.

Die Entscheidung wurde dann allerdings vom Oberlandesgericht gekippt. Das kam eindeutig zum Schluss, dass ein Forenbetreiber nicht für Urheberrechtsverletzungen seiner Teilnehmer belangt werden kann (siehe BGH: Forenbetreiber sind für Beiträge haftbar ).

Mal Abseits von den ganzen Urteilen sie hier mal an einen ganz anderen Sachverhalt erinnert. Und zwar, dass Marions Kochseite nicht unbedingt von Saubermännern betrieben wird. Bereits im Februar 2008 wurde Marion beispielsweise vom ARD Magazin Plusminus angeprangert:

Aus dem Bericht geht hervor, dass Marion wohl eine "Massenabmahnungsmaschine" ist. "Triviale" Fotos von "Bananen, Gurken und sonstigem Gemüse" werden gezielt weltweit im Internet verbreitet. Und die Betreiber sorgen auch dafür, dass sie beispielsweise bei den Bildersuchen von Suchmaschinen extrem gut platziert sind!

Hier als Beispiel mal eine Google-Bildersuche nach Tomate. Auch scheint (schien) Marion sich wenig Mühe zu machen, bei ihren Fotos ausdrücklich auf ihr Urheberrecht hinzuweisen.

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Genau... redred2x RedRed2x
Gegenstandswert Olaf19
RedRed2x Michael Nickles „Chefkoch muss an Marion blechen“
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Weil die Diskusion schon ziemlich unübersichtlich geworden ist habe ich mir mal ein paar Gedanken für ein (sehr einfaches, wenn auch hinkendes) Beispiel gemacht.

Das mit der kostenfreien Abmahnung sehe ich so:

Mein Nachbar hört nachts, während ich eigentlich schlafen möchte, m. E. zu laut Musik.

Kostenfreie Abmahnung:
Ich gehe nach nebenan und beschwere mich. Er möge die Mukke leiser machen und auch zukünftig keine laute mehr hören, sonst erfolgt eine Klage. Das lasse ich mir schriftlich geben (Unterlassungserklärungen mit Vertragsstrafenvereinbarung). Unterschreibt er mir die Erklärung nicht, erfolgt Klage.

Rechnung:
Macht er die Mukke nicht leiser bzw. wiederholt zu laut, so erfolgt Berechnung der Vertragsstrafe.

Mahnbescheid/Klage:
Bezahlt er die Rechnung nicht erfolgt Mahnbescheid ggf. Klage. Wie die Beweisführung vonstatten geht, bleibt natürlich mir überlassen (z.B. Zeugen, Polizei, Gutachter etc.).

Somit habe ich alle Rechtsmittel ausgenutzt, die mir zu Verfügung stehen.

Warum sollte das mit Abmahnungen nicht genau so möglich sein?
Wie ich schon äußerte - der Gesetzgeber ist gefragt daran was zu ändern.

(Einmal ungeachtet der Tatsache, dass ich den Nachbarn im obigem Fall wegen Ruhestörung direkt anzeigen könnte/müsste und dies dann kein Zivilprozess mehr ist, sondern eine Ordnungswidrigkeit/Strafsache. Erst durch eine Klage auf Schmerzensgeld wird daraus wieder ein Zivilprozess. Und da sind wir wieder beim Recht haben und Recht bekommen...)

redred2x

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