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News: Neue Lachnummer aus Berlin

Die Maut wird kommen

xafford / 64 Antworten / Flachansicht Nickles
Bald auch in diesem Kino - Wegezoll für Alle!

Herr Dobrindt, unser Verkehrsminister, hat nun die Katze aus dem Sack gelassen und seinen Entwurf für die vor längerem angedrohte PKW-Maut vorgelegt. Vieles ist wie erwartet, einige wichtige Punkte sind jedoch eher überraschend.

So war ursprünglich erwartet worden, dass es ähnlich wie in der Schweiz eine Plakette geben wird, die sich die Autofahrer hinter die Windschutzscheibe kleben müssen, um die korrekte Entrichtung der Maut zu belegen. Diese Option war wohl zu einfach, denn der Entwurf sieht nun vor, dass es keine Plakette geben wird, sondern die Maut über ein Scanning der Kennzeichen und Abgleich mit einer entsprechenden Datenbank geben wird.

Weiterhin wird die Maut sowohl Autobahnen, als auch Bundesstraßen umfassen. Allerdings nicht für Alle. Autobahnen werden nur für ausländische Fahrer kostenpflichtig (so der Entwurf), Bundesstraßen werden nur für deutsche Autofahrer gebührenpflichtig - ob dies auf Bundesstraßen wirklich kontrolliert wird bleibt erst einmal offen denn die Infrastruktur hierfür fehlt derzeit.

Wie erwartet sollen deutsche Autofahrer durch einen Rabatt bei der KFZ-Steuer in gleichem Maße entlastet werden in der Höhe der zukünftigen Maut. Motorradfahrer und Personen, die von der KFZ-Steuer befreit sind werden auch von der Maut befreit werden.

Die Höhe der Maut soll sich nach Hubraum und Art des Motors staffeln, als ob Benziner oder Diesel - für Ausländer soll es neben der Jahres-Maut auch kürzere Laufzeiten geben.

Auch dürfte sich das Kind nun nicht mehr PKW-Maut schimpfen, sondern wohlweislich "Infrastruktur-Abgabe". Dies dürfte nicht ganz ohne Hintergedanke sein. Und nun noch zu den erwarteten Einnahmen - diese sollen bei 500 Millionen pro Jahr liegen - angesichts des Aufwandes und da Schätzungen in der Regel eher optimistisch sind erscheint es fraglich, ob dieser Aufwand lohnen wird.

xafford meint:

"Mit mir wird es keine PKW-Maut geben" - so oder so ähnlich war einmal von einer gewissen Frau Merkel zu hören und zu lesen. Nun ja, nennen wir das Kind eben "Infrastruktur-Abgabe" und die Welt ist wieder in Ordnung - so lange es den deutschen Steuerzahler und Wähler nicht mehr kostet.

So leicht wird es jedoch nicht werden, denn da gibt es noch ein abstraktes Konstrukt namens EU, welches die Ungleichbehandlung von Bürgern anderer EU-Staaten nicht gerne sieht. Dies ist einer der Gründe, warum diese "Maut" so nicht lange Bestand haben wird - die Niederlande und Dänemark haben schon Klagen im Rahmen der EU angedroht und es würde nicht verwundern, wenn auch Belgien sich dieser Anschließen wird. Die Entlastung deutscher Autofahrer wird also wahrscheinlich nicht lange Bestand haben. Dies dürfte aber durchaus gewollt sein, denn so kann man den schwarzen Peter für eine Mehrbelastung lächelnd nach Brüssel weiter schieben und sich in Berlin über weit höhere Einnahmen freuen.

Neben der Benachteiligung ausländischer Fahrer gibt es jedoch auch eine Benachteiligung deutscher Fahrer. Bundesstraßen sind nur für deutsche Autofahrer auf dem Papier gebührenpflichtig, dies hat einen gravierenden Grund: Die Abgabe soll pauschal von allen PKW-Fahrern eingezogen werden und mit der Gebührenpflicht für Bundesstraßen hofft man, dass pauschal auch jeder Fahrer gebührenpflichtig ist. Auch hier sind Klagen (meiner Meinung nach zu Recht) vorprogrammiert, denn niemand kann dem einzelnen nachweisen, ob er seinen PKW nicht nur dazu nutzt über Ort-, Kreis- und Landstraßen im nächsten Ort einkaufen zu fahren.

Warum ist dies wichtig? Ganz einfach: Gebühren - und nichts anderes ist eine Maut - sind Nutzungsgebühren und erfordern (zumindest theoretisch, wie wir seit der Rundfunkabgabe wissen), die Inanspruchnahme einer Leistung. Erfolgt eine Erhebung unabhängig einer Inanspruchnahme, so handelt es sich um eine Steuer und es greifen ganz andere rechtliche Rahmen. Auch dürfte der Begriff einer Maut aus diesem Grunde jetzt eher unerwünscht sein, denn auch diese ist an eine Nutzung gebunden.

Zu guter Letzt noch ein äußerst brisanter Punkt: Die Art der Kontrolle. Bisher ging man davon aus, dass eine Sichtprüfung über eine Vignette erfolgen würde. Nun ist die Katze aus dem Sack und es soll (sehr wahrscheinlich) über die Mautbrücken eine flächendeckende Erfassung der Kennzeichen mit Abgleich über die Datenbank der Maut erfolgen. Der Traum sämtlicher Ermittlungsbehörden wird wahr, denn damit sind quasi alle Autofahrer theoretisch permanent erfassbar und auch die ehemals festgeschriebene Zweckbindung von Maut-Daten und die engen Beschränkungen, die dem BKA schon lange ein Dorn im Auge sind, wären dahin. Angesichts der erwarteten recht mageren Einnahmen aus dieser Maut darf man sich wohl zu Recht fragen, ob nicht etwa dieser Umstand der Hauptgrund für eine geplante Einführung dieser Lachnummer sein könnte.

Mein Fazit bei der Sache ist eigentlich das Gleiche wie so oft in den letzten Jahren: Wer solche Politiker hat (und eine solche Regierung) und sie auch noch wähl, der hat sie wohl verdient.

Pauschalurteile sind immer falsch!!!
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Volle Zustimmung! winnigorny1
shrek3 Maybe „Moin, naja, aber es ist nicht falsch, Ideen vorzubringen, ...“
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Das Problem ist doch, dass wir eigentlich überhaupt keine Wahl haben, oder?

Ich weiß zwar nicht, was du da genau meinst, aber ich picke mir mal diese Deutung heraus:

Die Spielräume dürften für Regierungen sehr viel enger sein, als wir uns vorstellen wollen - mit Betonung auf "wollen".

Denn um eines kommt kein Staat vorbei: Er muss Geld einnehmen, um bspw. soziale Ausgaben zu tätigen, hat aber als Einnahmequelle fast nur die Wirtschaft und deren Beschäftigte zur Verfügung.

Das ist heute sehr viel schwerer als zu Zeiten Willi Brandts, denn die Automastisierung fabrikatorischer Abläufe (und damit die Entlassung menschlicher Arbeitskräfte) wurde erst gegen Ende der 70er Jahre im großen Stil eingeführt.

Zudem war die Alterspyramide damals noch in Ordnung - es gab sehr viel weniger Rentner.

China als konkurrierende Wirtschaftsmacht existierte damals ebenfalls noch nicht.

Ergebnis: Damals gab es Vollbeschäftigung und demzufolge hohe Steuereinnahmen bei gleichzeitig geringen sozialen Ausgaben. Der Staat hatte die Kassen voll und es war für ihn ein Leichtes, das soziale Netz auszubauen.

Das führt bei manchem zum Trugschluss, dass in den 60er und 70er Jahren Wirtschaft und Regierung einfach nur "menschlicher" gewesen sei.

Das ist Bullshit - die Wirtschaft war damals kein Deut besser oder schlechter als sie es heute ist. Einzig die Rahmenbedingungen haben sich verändert.

naja, aber es ist nicht falsch, Ideen vorzubringen, frei nach dem Motto: "Ich weiß nicht, ob es besser wird, wenn es anders ist.

Doch, das kann falsch sein, da solche Gedanken wie sie Ganoven Ede geäußert hat, vollkommen am Thema vorbei gehen, viel zu kurz gedacht sind und leicht auf deren Sinnhaftigkeit zu überprüfen sind.

Solche Gedankengänge auch noch auszuprobieren, hieße, das Chaos des Dilettantismus noch zu vergrößern (sorry, Ede).

Meiner Meinung nach ist das komplette System totaler Schwachsinn. Wenn eine Partei keine Mehrheit erreicht, verbündet sich diese mit dem vermeidlichen "Feind". Reicht das auch nicht, kommt noch eine dritte Partei dazu. Die Regierung bilden also dann 2 oder 3 Parteien, die das Volk nicht haben wollte.

In den meisten Fällen sind zustandegekommene Regierungskoalitionen identisch mit dem Wählerwillen. Uns war doch vor nahezu jeder Wahl klar, mit welchem Partner die Partei X eine Koalition eingehen würde, wenn es für eine eigene Mehrheit nicht reicht.

Wenn du gegen Koalitionen bist - wie wäre dann ein Staat zu führen, wenn keine einzige Partei eine Mehrheit hat?

Wir können Vertreter des Volkes wählen, die weitestgehend volksfremd und realitätsfremd geworden sind.

"Volksfremd" stimme ich weitestgehend zu. Bei "realitätsfremd" hingegen zögere ich aber. Mein Eindruck ist, dass Realitätsferne bei den Wählern um einiges größer ist als bei den Politikern.

Im Wesentlichen sind es doch Vertreter der Lobby.

Auch hier zögere ich, denn schließlich müssen Politiker auch im Auge behalten, welche Auswirkungen die geplante Regierungsmaßnahme X für die Wirtschaft hat und inwieweit dies Auswirkungen auf die Beschäftigungsverhältnisse haben kann.

Im Zweifelsfall wird ein Politiker wohl immer die Maßnahme mit den geringstmöglichen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt favorisieren. Und er wird tendenziell eher auf "Nummer Sicher" gehen, da er feige ist, Angst vor großen Fehlern hat und seine Karriere nicht gefährden will.

Dennoch beschleicht mich prinzipiell ein ungutes Gefühl, wenn Politiker mit Wirtschaftsunternehmen in Kontakt stehen. Hier würde ich mir eine viel größere Transparenz wünschen.

Ich muss aber auch sagen, dass mir Politiker, die glauben, Wirtschaftspolitik ohne Kontakte betreiben zu können, noch größere Bauchschmerzen bereiten würden.

Gruß
Shrek3

Fatal ist mir um das Lumpenpack, das, um Herzen zu rühren, den Patriotismus trägt zur Schau, mit all seinen Geschwüren. Heinrich Heine
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