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News: Münchner Irrsinn

Dashcam als Beweis vor Gericht unzulässig

xafford / 15 Antworten / Flachansicht Nickles
Eine typische Dash-Cam (Rollei CarDVR-110, Quelle: rollei.de)

In Russland sind sie Alltag und auch bei uns in Deutschland kommen sie mehr und mehr zum Einsatz: sogenannte DashCams. Dies sind kompakte Digitale Camcorder, die speziell für den Einsatz in einem Fahrzeug zugeschnitten sind.

Eine typische Dash-Cam verfügr über einen Stromanschluss für den Zigarettenanzünder und nimmt während der Fahr kontinuierlich das Geschehen aus der Sicht des Fahrers auf. Dabei werden die Aufzeichnungen nach einer gewissen Zeit automatisch überschrieben, wenn der Beschleunigungssensor keine Kollision registriert, oder der Fahrer die Aufnahme nicht manuell sichert.

Aktuell gibt es zwei Urteile in Deutschland zur Verwendung von Dash-Cams im Straßenverkehr, denn eigentlich ist diese momentan noch eine rechtliche Grauzone, die potenziell mit dem Datenschutz kollidieren könnte. Das erste Urteil (http://www.golem.de/news/gericht-dashcams-verstossen-in-deutschland-gegen-den-datenschutz-1408-108526.html) des Verwaltungsgerichts Ansbach legt recht strenge Regeln an die Nutzung einer Dashcam. Zwar untersagt es deren Nutzung nicht generell, jedoch stellt es klar, dass deren Nutzung nur zu privaten Zwecken stattfinden darf. Eine öffentliche Verbreitung der Aufnahmen, etwa über Youtube, ist datenschutzrechtlich nicht erlaubt - dies ist auch durchaus verständlich und sinnvoll.

Nicht verständlich und auch nicht sinnvoll ist jedoch das aktuelle Urteil des Amtsgerichts München. Hier wurde einem Kläger untersagt die Aufnahme seiner Dashcam als Beweismaterial vor Gericht vorzulegen. Der Richter argumentierte, dass die dauerhafte und anlasslose Aufzeichnung das Recht des Beklagten auf informelle Selbstbestimmung und das "Kunsturhebergesetz" [sic!] verstoße.

Quelle: www.sueddeutsche.de

xafford meint:

Niemand bei Verstand will rund um die Uhr überwacht werden, so viel ist klar. Allerdings liegt der Fall hier doch anders. Eine Dash-Cam filmt, was der Fahrer eines PKW sieht und dies in der Regel nicht dauerhaft. So lange die Aufnahmen nicht veröffentlicht werden ist auch die Aufnahme von Personen im öffentlichen Raum durchaus rechtlich gedeckt. Zudem sind im Normalfall nicht einmal Personen zu erkennen, höchstens Fahrzeuge und deren Kennzeichen. Wer also die Aufnahmen nicht veröffentlicht verletzt den Datenschutz und Persönlichkeitsrechte nicht mehr, als dadurch dass er die Augen geöffnet hat und sehen kann. Das Urteil aus Urteil aus Ansbach ist hier also durchaus sehr verständlich.

Der Fall aus München ist jedoch eine andere Sache, denn selbst wenn solche Aufnahmen illegal wären so gibt es in Deutschland, entgegen der Rechtsprechung in den USA, kein Verwertungsverbot für Beweismittel, welche illegal beschafft wurden. Einige "Opfer" illegaler Abhörmaßnahmen und Hausdurchsuchungen können ein Lied davon singen. Insofern hätte das Beweis-Video vor Gericht prinzipiell durchaus verwertet werden dürfen.

Ganz absurd wird der Verweis auf das Kunsturhebergesetz, denn letztendlich wäre in diesem Fall der zu schützende Urheber der Fahrer des Wagens mit der Dash-Cam und der beklagte Fahrer des anderen Unfallwagens wäre nicht einmal ein Statist, denn mehr als sein Fahrzeug dürfte auf dem Video nicht erkennbar sein. Es ist zu erwarten, dass dieses Urteil, sofern es in Revision geht, kaum Bestand haben dürfte. Letztendlich bedarf es aber auf jeden Fall einer endgültigen rechtlichen Entscheidung über die Verwendung von Dashcams, die eigentlich nur Unfall-Datenschreiber sind und auch Versicherungen dürften daran interessiert sein, dass deren rechtlicher Status rechtssicher geklärt wird.

Hier noch eine Impression, was man mit Dashcam-Aufnahmen in Deutschland NICHT machen darf:

https://www.youtube.com/watch?v=EN7eD6tL5aI

Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=EN7eD6tL5aI
Pauschalurteile sind immer falsch!!!
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gelöscht_137978 Max Payne „Der Richter ist in erster Linie an das Gesetz gebunden, ...“
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Der Richter ist in erster Linie an das Gesetz gebunden, nicht an die Meinung an den Stammtischen. Und im Rechtsstaat gibt es eben auch Grenzen für die Beweiserhebung bzw. -verwertung.

ja, das ist mir bewußt.

Wobei ein Richter immer entsprechend den Anträgen der Parteien, der unterschiedlichen Anwendungen der Rechtsvorschrifften spielraum hat.

Es gibt kein ja oder nein. Es gibt eine Spielfläche, auf der sich die Parteien bewegen und wo es ein für und wieder abzuwägen gilt.

Sonst droht Rechtsunsicherheit, wenn jedes Gericht anders entscheidet.

Also ohne jetzt unnett wirken zu wollen, aber musstest du nicht selbst lachen über diesen Satz?

1 Fall, 6 Gerichte, 3 verschiedene Urteile. In Deutschland, und das weisst du ganz genau, wird entschieden, wies dem Richter entsprechend der Lage gefällt.

Würde es so sein, wie du annimmst, wäre es unsinnig, bei Streitigkeiten in bestimmten Bereichen den fliegenden Gerichtsstand (z.B. Hamburg) zu nutzen. Warum aber doch? Weil dort seltsame Richter tendenziell für die Kläger entscheiden. Gleiche Klage im Süden von Deutschland hätte höchstwahrscheinlich einen anderen Ausgang.

Aber lassen wir das...es ist nicht interresant für die Leser hier.

Meine Meinung, Filmaufnahmen sind erst dann gefährlich, wenn sie genutzt werden. Weiter, in dem Moment, in dem ich mich in den öffentlichen Raum begebe, muss ich damit rechnen, audiovisuell Wahrgenommen und ggf. auch gespeichert zu werden. Sofern ich nicht mit einer Kamera "verfolgt" werde und Hauptbestandteil des Drehs bin, sondern nur ein Teil einer zufälligen Gegebenheit, ist mir das Jacke wie Hose, ob jemand mich auf Speicherstick bannt.

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