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Was haltet ihr von Computer-Bild?

wanze2 / 36 Antworten / Flachansicht Nickles

Ich habe mir heute ausnahmsweise mal eine CB gekauft. Habe aber mit Erschrecken festgestellt,daß der Name äußerst unpassend ist. Mit Computer hat diese Zeitung nicht viel zu tun.Da geht es haupsächlich um Smartphones,Handys,Handytarife,Filme und Musik,und sogar ein Bericht über eine neue Harley.Ich frage mich was das ganze noch mit Computern zu tun hat. Dann sollen sie das Magazin meinetwegen in Multimedia-Bild oder so umbenennnen.Da bleibe ich lieber bei PC-Welt oder ähnliches.

Was haltet ihr von diesem Magazin? Viel Wissen kann man daraus nicht schöpfen.

Grüße

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nichts!!! apollo4
Früher letzt gelöscht_321042
schuerhaken gelöscht_321042 „Früher letzt“
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Man muss das alles relativ sehen: In der Anfangszeit war die CB eine durchaus interessante Lektüre. 
Dann aber wurde sie "kompetent" für alles und jedes, das sich unter Multimedia einstufen lässt, und darüber hinaus. Kraut und Rüben und innerhalb der Fortschreibungen ständige Wiederholungen. 

Mir ist das alles durchaus bekannt und erklärlich. 
Von Anfang an war ich dabei, habe z.B. für die deutsche Ausgabe von "Interface Age" geschrieben (wo ich den SINCLAIR ZX80 unter "Ab, ab und oweh" verrissen habe), dann vor allem geholfen, "Computer Persönlich" (Markt & Technik) groß zu machen (s.Zt. unter dem Chefredakteur Michael Pauly), vor allem auch für die "Computer Woche" geschrieben (Beispiele: 1 - 2 - 3).
Es gibt keine Zeitschrift, für die ich nicht auch zumindest sporadisch tätig war, und keine Messe, die ich nicht abgegrast hätte. 

Später dann war ich auch Jahre für das Fernsehen tätig: WDR "Computer Shop" (Beispiele aus Einspielern oder Studio-Aufnahmen: 1 - 2 - 3) und andere Sendungen zum IT-Thema.

In der Anfangszeit waren die Print-Medien sehr wichtig, später dann auch das TV. Es war die Zeit des Aufbruchs (Stichworte: Tandy/Radio Shack, Commodore, Atari, Genie I/II/II, TRS-DOS, NewDos, CP/M, BASIC etc.) und der Neu- und Weiterentwicklungen bis z.B auch zur Lisa und speziell zum Macintosh. (Zum "Macintosh" schrieb ich das erste Buch in deutscher Sprache als Scriptum, also mittels Desktop Publishing, als es diesen Begriff noch nicht gab.)

Das alles änderte sich insbesondere gegen Ende der 90er Jahre. Die Zeit der Goldgräberei im PC-Bereich ging zu Ende, die Produkte reiften, verschwanden zum Teil auch, während neue aufkamen. Die Medien wurden nicht mehr so mit Werbung verwöhnt und schleichend immer mehr zu Wasserträgern der Anbieter. Hersteller, Distributoren und die Pressefritzen kannten sich über Jahre und taten sich meistens nur Gutes. Sensationelles bot dann vor allem Apple mit den i-Produkten, nachdem es fast untergegangen wäre. 

Das war mit etwas "Nase" vorherzusehen. So hatte ich bereits früh begonnen, mich mehr der Marktbeobachtung und Beratung zuzuwenden und damit mein Einkommen aufzubauen. Als kritische und ehrliche Berichterstattung immer schwieriger wurde (und die Redakteure immer sorgfältiger auf die Werbeeinnahmen von Anbietern schielen mussten), zog ich mich völlig zurück. Die Print-Medien wurden immer mehr zu PR-Postillen der Industrie. Quasi als Feigenblatt wurde hin und wieder mal ein Produkt hingerichtet, aber nur im unwesentlichen Bereich, wo sie sowieso bald als Leiche gelandet wären. 

Geschimpft wurde unisono lediglich noch auf die Politik, auf die Telekom und auf die Regulierungsbehörden. Ansonsten (ich kann das ja kontrollieren) wurden Pressemitteilungen nur noch geringfügig abgewandelt und nachgedruckt. Behauptete der Anbieter "Unser Teil schafft sagenhafte zwei Millionen...", hieß es im Heft: "Das Teil soll sogar zwei Millionen schaffen..." - Ansonsten wurde der ganze Müll nur wortwörtlich übernommen. 

Heute (heute!) ist es so, dass Geräte im Multimediabereich nicht mehr von Modell zu Modell irre Nutzungsverbesserungen eröffnen, sondern eher wie neue Moden begehrlich und eingeredet werden sollen. Wirklicher technologischer Fortschritt findet nur noch in Zeitlupe statt und ist auch nicht gleich für den Konsum nutzbar zu machen. 

Da kauen die Medien also sozusagen "auf der Felge". Statt von Fortschritt und wirklich Neuem ist nur Fortschreibung zu berichten, die zum großen Teil aus etwas aufpoliertem Stehsatz besteht.  Abos lohnen sich nicht mehr, weil sie kaum mehr als ein ständig wiederholtes Vaterunser bieten. 

Anders bei den konkurrierenden Internet-Medien. Sie sind aktuell, schnell aktualisierbar und binden auch den Leser oft stark mit ein. Den Switch vom Print zum WEB schaffen die Medien nur zögerlich und und stark verunsichert. Das traditionelle Verlags- und Redaktionswesen lässt sich kaum noch halten; zumindest auf die Dauer nicht. Auf der einen Seite die Schmelze, auf der anderen der Zuwachs, was auch mit den Generationen unter den Konsumenten zusammen hängt. 

Die Computer BILD ist nur eine prominente Randerscheinung dabei. 
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Hier noch ein kleiner Nachtrag aus
"Old Times": https://www.youtube.com/watch?v=3zOO2g4GA1M  
(Damit Ihr merkt, wie gut es Euch geht, selbst für bloß Hingeworfenes...)

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