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Android ohne Google ist möglich - fragwürdiges Selbstexperiment

Michael Nickles / 10 Antworten / Flachansicht Nickles
(Foto: Pixabay)

N-tv.de hat aktuell diesen Beitrag im Angebot, der auf einem "Selbstexperiment" basiert. Entwickler zeigt, wie's geht - Android ohne Google ist möglich. Es geht wieder mal drum, Android-Smartphones so zu säubern, dass sie völlig frei vom "Datenkraken" sind, Nutzer nicht mehr auf Schritt und Tritt ausspioniert werden können. Das "Entgoogelungs-Experiment" ist nicht neu. Auch die c't hatte bereits mehrmals die Story "Android ohne Google" auf dem Titel.

Das Rezept ist eigentich immer das Gleiche: ein Gerät wird "gerootet" (also freigeschaltet, falls möglich!) und dann kommt ein "gesäubertes" Open Source Android drauf aus dem Google raus ist. Wie auch der von N-tv gefundene Android-Experte empfiehlt, ist hierfür aktuell durchaus Lineage OS eine angesagte Nummer.

Alle Entgoogelungs-Rezepte enden dann eigentlich mit den gleichen abschließenden Weisheiten: das "Säubern" ist nicht nur aufwändig und riskant (Firmware flashen), es macht auch die Funktionalität eines Smartphones größtenteils kaputt und vor allem den Nutzungskomfort. Das Tschüß an Google bedeutet den Verzicht auf Google Play, also den offiziellen Android App Store. Apps müssen dann von anderen Quellen bezogen werden die kaum vergleichbar vollständig sind und die Sicherheit ist halt eine Vertrauenssache.

Im N-tv-Beitrag wird Aptoide empfohlen, als zweite Wall Amazons App-Shop. Letzteres ist schon mal Bullshit, weil man sich da eigentlich zwangsläufig schon dem nächsten Datenkraken zum Fraß vorwirft. Sichere empfehlenswerte Alternativen gibt es schließlich kaum. Komplett Abgebrühte errinnern sich an das Usenet und bedienen sich dort in Android-Binary-Gruppen. Dort gibt es das volle Programm aber halt garniert mit maximal denkbarerm "Malware-Risiko".

Apps abseits von Google Play zu beschaffen ist aber nur die halbe Miete. Zahlreiche bezieungsweise eher zahllose sehr interessante Apps funktionieren aber nur mit Google-Diensten sinnvoll oder überhaupt. Sind die systemweiten Ortungsfunktionen weg, wissen Apps nicht mehr wo sich der Nutzer befindet. Natürlich wollen "Entgoogler" nicht, dass Google weiß wo sie sind, aber dann weiß das halt auch keine andere App mehr. Natürlich gibt es zig Navigtationsapps die weiter problemlos funktionieren, aber Standortbestimmung ist eben auch in vielen anderen Fällen sinnvoll und praktisch. Eine wirklich bequeme und gute Lösung die kastrierte Google-Ortungsfunktion durch irgendeine "Open Source"-Bastelei zu ersetzen gibt es aktuell leider nicht.

Auch auf eine Suchmaschine werden Nutzer eines Google-befreiten Smartphones vermutlich nicht verzichten wollen. Der N-tv-Android-Experte empfiehlt als Alternative zu Google.de den "größten Konkurrenten" Bing zu verwenden - also Microsoft. Verwiesen wird im Zusammenhang auf die "Bing"-App und auch den Microsoft-Launcer für Android. Weiter stellt der Androidmann von N-tv fest, dass ein Smartphone ohne Cloud-Anbindung keinen Spass macht. Als Alternative zu Google Drive hat er sich für Microsofts OneDrive entschieden, das aus seiner Sicht "einen akzeptablen Preis hat".

Ob es Sinn macht ein Gerät von Google zu befreien um es dann mit "Made by Microsoft" zu versauen ist mehr als fraglich.

Am Ende bleibt der Leser des N-tv Beitrags im Regen stehen. Er krieg noch den Hinweis, dass es natürlich auch blöd ist kein Youtube und Google Music mehr zu haben, aber mit Motivation fände sich im "Android-App-Kosmos für alles eine passende Alternative".

Zentrale Dinge bleiben bei diesem Entgoogelungs-Experiment auf der Strecke. Was ist mit Syncronisation von Telefonbuch, Kontakten, Kalender? Was ist wenn ein Gerät futsch oder verloren geht? Wie werden diese zentralen Daten nach einer Entgoogelung restauriert? Wie sieht eine brauchbare Backup-Logik für das komplette Gerät aus? Da muss man dann schon konsequent vorgehen und sich eine eigene Cloud-Lösung basteln - Stichwort Nextcloud. Das kostet natürlich dann schon ein wenig Einarbeitungszeit.

Und schließlich: was ist mit beliebten Social-Apps wie Facebook, Whatsapp, Instagram, Snapchat und und und? Wer sich von Überwachbarkeit befreien will, der muss eigentlich auf alles verzichten. Ganz zum Schluß bleibt dann der lokale Mobilfunkbetreiber. Der kann genau peilen, wo sich ein Mobilfunknutzer befindet, wie lange er sich wo aufhält. Und: mit welchen Personen in der Nähe er längere Zeit verbringt. Wehe, wenn eine dieser Personen ein "nicht-entgoogeltes" Gerät hat. Dann droht durchaus, dass die volle Wucht von "Big Data" zuschlägt. Und zwar wenn die deutschen Mobilfunkbetreiber mit Google kooperieren. Das werden die natürlich garantiert niemals!

Kurzum: "Entgoogeln" klingt interessant, ist in der Praxis aber ziemlich für den Arsch. Wenn dann muss es konsequent durchgezogen werden, alle "Fremddienste" müssen weg - und dann bleibt eigentlich nichts mehr übrig, was ein Smartphone eben "smart" macht.

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Systemcrasher violetta7388 „Hallo Michael, hallo Forum, es geht schon mit den Zugriffsrechten der Apps los! Habe versucht diese so weit wie möglich ...“
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es geht schon mit den Zugriffsrechten der Apps los! Habe versucht diese so weit wie möglich einzuschränken, aber schon das war mit Einschränkungen verbunden.

Dabei ist es seit Android 5 so, daß eine App nur auf ihr jeweils eigenes Verzeichnis auf der SD karte zugreifen kann, und das ist auch nur ein Unterverzeichnis in /Android/data.

Selbst gerootete Apps kommen an dieser Einschränkung nicht vorbei, wie z.B. TitaniumBackup.

Und an dieser Stelle geht mir die Einschränkung ein wenig zu weit.

Auch mit dem gerooteten GhostCommander ließen sich die Rechte nicht ändern.

Unter Mint kann ich zwar als User, nicht aber als root auf das Handy zugreifen (weder mc noch Thunar zeigen den Pfas im Root-Modus an).

Eingehängt wird es über "mtp://[usb:002,011]/Card/" für die SD. 

Null Toleranz f?r Intoleranz
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