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News: Millionenfache Handy-Standortabfragen

Piraten melden Funkzellen-Überwachungsskandal in NRW

Michael Nickles / 9 Antworten / Flachansicht Nickles

Verdeckte Rasterfahndungen über Funkzellenabfragen sind eigentlich nur bei besonders schweren Straftaten zulässig. Erst nach Zustimmung eines Richters dürfen Ermittler bei Mobilfunkanbietern entsprechende Verbindungsdaten anfordern.

Die Piratenfraktion NRW hat in einer kleinen Anfrage Informationen zu Ermittlungen mit Funkzellenabfragen in Nordrhein-Westfalen angefordert. Aus dem resultierenden Bericht des Ministeriums für Inneres und Kommunales NRW geht hervor, dass im Zeitraum 7.12.2010 bis 22.8.2013 10.330 Funkzellenabfragen durchgeführt wurde.

Laut Bericht der Piratenfraktion NRW checkt die Polizei NRW mehr als zehn Mal jeden Tag, welche Handys sich in einer vorgegebenen Region aufhalten.

Frank Hermann. (Foto: Piratenpartei, A. Knipshild)
Frank Herrmann, Sprecher für Datenschutz und Privatsphäre der Piratenfraktion im Landtag NRW:

"Diese skandalöse Menge an Funkzellenabfragen ist kaum zu glauben. Bei jeder dieser 10.330 Abfragen wurden Mobilfunkdaten aller der in der Zelle befindlichen Handys an die Polizei übermittelt. Das können pro Abfrage und Zelle schnell weit über tausend Handys sein. So kommen schnell millionenfache Daten von unbescholtenen Bürgern zusammen, die durchsucht und ausgewertet werden."

Im Rahmen von Rasterfahndungen werden zwangsläufig stets alle Nutzer von Funkzellen ermittelt, es können nicht gezielt "Straftäter" verfolgt werden. Frank Hermann fordert, dass diese Dauerüberwachung der Bürger abgestellt werden muss. Unzufrieden äußert er sich auch mit dem Bericht des Ministeriums, weil die Statistik große Lücken aufweisen soll.

Auszug aus der Antwort des Ministeriums: bei 4.441 der 10.330 durchgeführten Abfragen wurde nicht einmal ein zugrundeliegender Straftatbestand angegeben.

Bei nahezu jeder zweiten Abfrage wurde nicht einmal ein Abfragegrund angegeben. Auch fehlen in der Antwort der Landesregierung Details, weil lange eine Funkzellenüberwachung jeweils gedauert hat.

Mit jeder Minute und Stunde potenziere sich die Zahl der erfassten Verbindungsdaten und somit der Überwachungsskandal.

Bezüglich der Dauer der Abfragen wollen die Piraten noch nachhaken.

Michael Nickles meint:

Anfang 2008 wurden unter anderem die Mobilfunkanbieter im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung gesetzlich dazu verpflichtet, Verbindungsdaten für sechs Monate zu speichern. Anfang März 2010 hat das Bundesverfassungsgericht die Vorratsdatenspeicherung als verfassungswidrig erklärt.

Das heißt aber - wie hier erklärt -  dass die Vorratsdatenspeicherung daraufhin keineswegs abgeschafft wurde! Die Regierung ist lediglich dazu gezwungen, die "Methode der Überwachung" nachzubessern. Und bis da irgendwann in ferner Zukunft was passiert oder nichts passiert, wird halt weitergesammelt.

Erinnernswert ist an dieser Stelle auch diese News vom Januar 2012: Telekom betreibt ausgiebige Vorratsdatenspeicherung.  

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