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News: Bundestagsvorsitzender am Pranger

Siegfried Kauder hat Copyright-Schlinge um den Hals

Michael Nickles / 19 Antworten / Flachansicht Nickles

Kürzlich trommelte der Vorsitzende des Rechtsausschusses des Bundestags Siegfried Kauder (CDU) für seine Idee, eine neue Bestrafungsmethode für Urheberrechtsverstöße im Internet einzuführen.

Dabei muss sich ein Rechteinhaber lediglich beim Internet-Provider eines Rechteverletzers beschweren und der muss ihm dann eine Warnung schicken, ihm bei erneutem Verstoß die Leitung kappen. Mit Rechteverletzern sind unter anderem auch Leute gemeint, die illegale Sachen (urheberrechtlich geschützte Dinge) aus dem Internet runterladen, geht aus dem gestrigen Bericht der Süddeutschen hervor. Auch sind Copyright-Verletzungen gemeint - also die illegale Nutzung fremder Inhalte.

Angedacht ist wohl, dass die Leitung bei Wiederholungstätern bis zu mehrere Wochen lang gesperrt werden kann. Praktisch und entlastend für den Gesetzgeber ist dabei die Idee, dass das alles ohne Gerichtsverfahren möglich werden soll.

Ob Kauder seinen Gesetzesentwurf noch einreichen wird, scheint aktuell fraglich zu sein. Denn: der Mann hat jetzt ein ganz anderes Problem. Piratig.de erhebt den Verdacht, dass Kauder selbst ein Urheberrechtsverletzer ist und hat ihn darauf direkt angesprochen (siehe Sehr geehrter Herr Kader).

Piratig.de wirft Kauder vor, auf seiner Webseite www.siegfriedkauder.de/ zwei urheberrechtlich geschützte Bilder zu verwenden, deren Urheber er nicht sei. Aus Sicht von Piratig.de hat sich Kauder einfach zwei Bilder von der Foto-Community Panoramio geschnappt.

Unter anderem dieses Foto vom Teilnehmer Andreas Metzger, der sich auf Panoramio alle Rechte am Bild vorbehält, es also nicht pauschal für beliebige Nutzung frei gegeben hat.

Piratig.de hat Kauder aufgefordert den Beweis zu erbringen, dass er Lizenzen für die Nutzung der Bilder hat. Der Bericht auf Piratig.de hat inzwischen mehrere Updates erhalten. Im ersten Update wurde mitgeteilt, dass Kauder vermutlich nicht nur die beiden Bilder sondern noch mehr Bilder für seine Seite geklaut hat.

Auch für das Logo (Foto-Collage) von Kauder's Seite hat man sich wohl anderweitig bedient. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Kauder noch nicht auf Piratig.de reagiert - zumindest nicht öffentlich. In einem zweiten Berichts-Update vermerkte Piratig.de, dass Kauder zwischenzeitlich seine Webseite umgebaut (oder das veranlasst) hat:


Links vorher, rechts nachher. Nach Bericht von Piratig.de wurde die Webseite von Kauder schon mal eine Portion umgebaut. Das Logo, das vermutlich ebenfalls aus geklauten Bildern zusammengeschustert wurde, ist hier (noch) das alte.

Statt einfach den Beweis einer vorhandenen Lizenz zu erbringen, wurden die kritisierten Bilder also erstmal einfach weg gemacht.

Inzwischen wurde der "Brief" an Kauder auch auf Abgeordnetenwatch eingestellt und bereits 350 Interessierte haben dort von der Funktion gebrauch gemacht, benachrichtigt zu werden, sobald es eine Antwort gibt.

Michael Nickles meint: An dieser Stelle ist klarzustellen: es existiert noch kein Beweis, dass Kauder keine Lizenz zur Nutzung der Bilder hat, ein Copyright-Verbrecher ist. Die "panischen" Umbauarbeiten an der Webseite, die Entfernung der Bilder ohne direkte Reaktion auf den Brief von Piratig.de, sind aber schon "komisch".

Meine Meinung? Ich bezweifle, dass Kauder seine Internetseite selbst gebastelt hat. Am unteren Seitenrand steht ja "designed by (c)2006 - Klaus Seitz - 78078 Niedereschach". Dabei handelt es sich vermutlich um einen CDU-Politiker vom Gemeindeverband Niedereschach, der auf dessen Vorstands-Seite wohl auch für "Internet" zuständig ist.

Zumindest zeigt das dort abgebildete Foto die gleiche Person, die auch auf www.klaus-seitz.de abgebildet ist und sich dort als "polansoft-webdesign" beschreibt. Herr Seitz teilt mit, dass er keine Firma ist, sondern Webseiten rein hobbymäßig gestaltet.

Auf seiner Referenzen-Seite gibt Seitz unter anderem an, dass er auch die Webseite von Siegfried Kauder gestaltet und fortlaufend bearbeitet.

Auch für die Webseite des CDU Kreisverbandes Schwarzwald-Baar zeichnet sich Seitz verantwortlich. Diese Webseite ist wegen Wartungsarbeiten aktuell nur eingeschränkt verfügbar. Ein kleiner Screenshot dieser CDU-Seite findet sich auf der Referenzenseite von Klaus Seitz:

Im Screenshot fiel mir auf, dass die Seite wie Kauder's Seite ein Logo hat, das aus seiner Fotocollage besteht. Auf der in der Waybackmachine archivierten Version der Seite, ist das Logo noch in Originalgröße zu sehen.

Angeblich wurde ja auch für die Logo-Fotocollage für Kauder's Seite geklaut - es darf also gegrübelt werden, ob beim Logo der Webseite vom CDU-Kreisverband Schwarzwald-Baar ebenfalls was faul ist - und die Webseite deshalb gerade im Wartungsmodus ist.

Das sind wohlgemerkt alles nur Vermutungen und keine bewiesenen Dinge.

Keine Vermutung sondern sehr naheliegend ist auf jeden Fall, dass Siegfried Kauder seine Idee der "2-Strikes-Methode" nicht komplett selbst erfunden, sondern eher aus Frankreich importiert (geklaut) hat, sie quasi nur ein Abklatsch der dortigen 3-Strikes-Regelung ist, die Ende September 2009 in Kraft trat (siehe Frankreich: Internetsperren und saftige Strafen).

Dazu wurde dort die Behörde Hadopi geschaffen, die bereits im Januar 2010 weltweiten Spott erntete. Die Überschrift meiner damaligen News sagt bereits das Wesentliche: Urheberrechtsschützer verletzen selbst Urheberrecht. Immerhin hatte diese Behörde genug Rückgrat, ihre peinliche Urheberrechtsverletzung einzugestehen.

Mal gucken, was bei Kauder rauskommt.

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