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News: Uralte Idee

IBM erhält Patent auf interaktive Filme

Michael Nickles / 10 Antworten / Flachansicht Nickles

Der Handlungsstrang bei herkömmlichen Filmen ist vorgegeben, läuft bei jedem Angucken identisch ab. Um wiederholten Konsum eines Films attraktiver zu machen, hat IBM eine Idee ausgeheckt - interaktive Filme. Zuschauer können an diversen Stellen selbst entscheiden, wie es weitergehen soll und Filme dadurch individuell erleben.

Solche Interaktivität ist generell nichts Neues. Als Anfang der 90er Jahre die VCDs (CDs mit MPEG1-Video) kamen, waren PCs für deren Vollbild-Wiedergabe generell noch zu schwach, die MPEG-Beschleunigung per Grafikkarte steckte noch in den Kinderschuhen. Von Sigma Designs gab es damals eine sündhaft teure ISA-Steckkarte namens Reelmagic (später in Realmagic umbenannt), die jeden PC MPEG1-Wiedergabe-tauglich machte.

Diese "Koprozessor-Karte" kostete rund 1.000 Mark. Zur Produkteinführung veröffentlichte Sigma Designs auch eigene CD-Titel. Darunter einen interaktiven Spielfilm auf mehreren Scheiben, bei dem die Zuschauer den Verlauf an diversen Stellen selbst entscheiden konnten. IBMs Idee interaktiver Filme gab es also bereits vor rund 20 Jahren.

Und streng genommen ist die Idee interaktiver Stories sogar bereits über 30 Jahre alt. Die gab es schon, als sich noch kaum jemand Computer leisten konnte. Techdirt verweist in diesem Zusammenhang beispielsweise auf Chooseco (The Choose Your Own Adventure Company).

Das Unternehmen produziert seit 1977 interaktive Papier-Bücher. Die Story ist dabei in "numerierte" Textblöcke unterteilt, an zig Stellen im Buch kann man entscheiden wie es weitergehen soll liest dann beim jeweiligen Textblock weiter. IBMs Idee ist also beim besten Willen nichts Neues. Dennoch hat das US-Patentamt IBM jetzt das Patent an interaktiven Filmen erteilt.

Die Patenschrift kann hier angeguckt werden: United States Patent

Michael Nickles meint: Wieder mal ein Trivial-Patent, das folgenschwere Auswirkungen für alle Multimedia-Produzenten haben kann. Die Idee interaktiver Filme ist allerdings sowieso zum Scheitern verurteilt.

Die Realmagic-Karte war damals eine tolle Sache, scheiterte allerdings am Preis und daran, dass es nur eine "handvoll" interaktive Titel dafür gab. Die Produktion interaktiver Filme ist schlichtweg zu aufwändig.

Einer der speziellen Realmagic-Titel war übrigens diese Scheibe hier, die ich grad im Regal gefunden hab:


Das ist eine "Full Screen - Full Motion - MPC Level 2 CD ROM" von Prince, als der 1993 gerade auf dem Trip war, sich nicht mehr Prince zu nennen und sich als "unaussprechbares Symbol" bezeichnete.

Natürlich war ich neugierig und hab diese MPC Level 2 CD ROM mal ins Laufwerk geschoben. Auf die Verzeichnisse der CD kann man problemlos zugreifen, es finden sich unter anderem diverse MPEG- und WAV-Dateien in grottiger Qualität.

Wie ich diese "Realmagic"-Scheibe allerdings heute noch interaktiv nutzbar machen soll, ist mir schleierhaft. Dazu müsste ich vermutlich einen steinalten PC mit Windows 3.n aus dem Keller holen und die alte ISA-Realmagic-Karte einbauen.

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