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News: Gerichtsurteil stärkt Meinungsfreiheit

Erfolgreicher Kampf gegen Maulkorb

Redaktion / 13 Antworten / Flachansicht Nickles

Wenn "Betrüger" mit dubiosen Methoden im Internet oder anderweitig abzocken, dann spricht sich das schnell rum. Es dauert nicht lange, bis sich Betroffene in Internet-Foren zu Wort melden und die miese Masche anprangern. Für den Betreiber eines Forums bedeutet das dann meist schnell Ärger. Das Abzockunternehmen droht mit einer teueren Abmahnung, wenn die kritisierten Foren-Beiträge nicht umgehend gelöscht werden, da sie angeblich "verleumdend" und "geschäftsschädigend" sind.

Viele Forenbetreiber schrecken dann vor den Kosten eines teuren Rechtstreit zurück und entfernen die kritisierten Beiträge. Das passiert häufig auch im Interesse der Forenteilnehmer, denn auch denen droht eine Abmahnung mit hohen Kosten. Die Rechtslage ist dabei recht heikel. Meinungsfreiheit ist generell zwar erlaubt, aber die endet schnell, wenn eine Kritik ungünstig formuliert wird. Typisches Beispiel: jemand fühlt sich von einer Firma abgezockt und bezeichnet diese Firma in einem Forum als "Betrüger". Das ist verboten.

Die Bezeichnung "Betrüger" ist erst dann zulässig, wenn ein Unternehmen gerichtlich wegen "Betrugs" verurteilt wurde. Dieser Fall ist sicherlich noch verständlich, allerdings reicht Abzockern meist schon eine eigentlich korrekt formulierte Kritik, um mit Abmahnung zu drohen.

Jetzt gibt es endlich ein Gerichtsurteil, das Meinungsfreiheit stärkt. Der Verbraucherverein Antispam e.V. hat ein Gerichtsverfahren gegen die Hannoveraner Firma Server-Tel Ltd. & Co KG gewonnen. Dieses Unternehmen bezeichnet sich auf der eigenen Website als „kompetenter Partner für profitable telefonische Mehrwert-Dienste“. Anfang des Jahres sorgte es wegen der von ihm versandten so genannten „Kati-SMS“ für Schlagzeilen. Mit dieser Masche sollten Handybesitzer in einen teuren SMS-Chats gelockt werden. Über eine solche SMS hatte unter anderem auch ein Nutzer im Internetforum des Vereins Antispam e.V. berichtet und Server-Tel bezichtigt, Spam-SMS zu versenden.

Server-Tel Ltd. & Co KG mahnte daraufhin Antispam e.V. ab und verlangte eine Löschung des Beitrags sowie die Abgabe einer Unterlassungserklärung. Nachdem mehrere Vereinsmitglieder das fragwürdige Geschäftsmodell von Server-Tel dokumentieren konnten, weigerte sich der Verein, die Äußerungen des Nutzers zu entfernen und die verlangten rund 1.000 Euro für die Abmahnung zu bezahlen. Server-Tel erwirkte daraufhin vor dem Landgericht Köln eine einstweilige Verfügung gegen den Verbraucherverein, die diesem verbot "den Eindruck zu erwecken, die Antragstellerin versende unerwünschte SMS".

Antispam e.V. legte gegen die einstweilige Verfügung erfolgreich Widerspruch ein. Mit Urteil vom 30. Juli 2008 (Az. 28 O 189/08) hob das Landgericht Köln die einstweilige Verfügung auf. Nach Ansicht der Richter konnte in dem Verfahren hinreichend glaubhaft gemacht werden, dass die Äußerung des Forennutzers zutreffen ist, also Server-Tel tatsächlich Spam-SMS versandt hat. Die von dem Unternehmen gegen das Urteil eingelegte Berufung beim Oberlandesgericht Köln wurde im Oktober zurückgenommen. Das Unternehmen darf nun die nicht unerheblichen Kosten für diese zwei Verfahren bezahlen. Außerdem verlor Server-Tel parallel zu dieser Sache auch vor dem Landgericht Braunschweig mit dem Versuch, den Verfasser des Forenbeitrags selbst zum Schweigen zu bringen.

Andreas Klisch, zweiter Vorsitzender des Antispam e.V. zeigt sich mit der Entscheidung der Gerichte zufrieden: „Leider ist es immer wieder zu beobachten, dass sich gerade dubiose Unternehmen gegen negative Berichterstattung gerade in Internetforen mit dem Mittel von teueren Abmahnungen vorgehen. Die Entscheidung des LG Köln zeigt, dass es sich für Betreiber lohnt, gegen solche unberechtigten Maulkörbe vorzugehen“.

Eine Stellungsnahme von Antispam e.V. zur Sache findet sich hier: Vor dem Landgericht Köln in Sachen Kati.

Quelle: Pressemitteilung

Michael Nickles meint: Schönes Urteil, aber dennoch wenig hilfreich. Auch Nickles.de hat schon einen fetten Batzen Kohle für Kampf gegen Abmahnungen und Anwaltskosten geblecht.

Dies geschah vor allem deshalb um Foren-Teilnehmer, die sich kritisch geäußert haben, zu schützen. Denn: es gibt leider keine Garantie, welches Urteil ein Gericht bei derlei Dingen fällt.