Archiv Prozessoren 8.660 Themen, 54.742 Beiträge

Ist die Prozessorschnelligkeit "messbar" in Zeitwer

Newcomer1 / 17 Antworten / Flachansicht Nickles

Kann ich CPU-Geschwindigkeiten , bzw. die Abarbeitung der gestellten Aufgabe als Solches , in Minuten und Stunden gegenüberstellen und direkt vergleichen ?

Ich besitze derzeit einen Athlon XP +3500 ( 2,2 GHz und 2 GB RAM ) alles wohl zwei Jahre alt ...

Wenn ich nun sage ich will mich bei Fotobearbeitung , oder nehmen wir grad mal n Video-Edit , der bei mir ca. (als "Luftnummerbeispiel") jetzt 1 Stunde dauert ( Rendering und MixDown ) , deutlich verbessern , welche Beurteilungs- oder Rechenweise muß ich da anlegen ?


Heißt z.B doppelt gewünschte Arbeitsgeschwindigkeit , das ich linear die Prozessorleistung doppelt auswählen und verbauen / kaufen muß ?
Oder ergibt sich die neue Arbeitsgeschwindigkeit dann aus den gesamten Faktoren neuerer und schnellerer Komponenten wie RAM , moderne Graphikkarte , Mehrkern-Prozessoren und flinkere Festplatten- und Mainboard- Technik ?

Ich möchte , vorm Rechner-Neu-Kauf , gerne beurteilen können ob ich jetzt QUAD- / DUO- oder TRIPLE- Prozessoren einkalkulieren muß , um "spürbare" Geschwindigkeitsverbesserung bei meinen Arbeiten ( Fotobearbeitung und Videoschnitt ) dann auch "erkennbar" erlangen zu können ...

Gibds da offizielle "-CPU-Vergleichs-Tabellen" oder hat irgendne Zeitschrift ev. sog. Performance-Tests durchgeführt , oder wird halt eher allgemein davon ausgegangen das dieser oder jener Prozessor dem andren überlegen ist , je nachdem wie er dann mit RAM oder welcher Festplattentechnik der Rechner bestückt worden war (?)


Oder lässt sich nachvollziehbar , laienkonform "messbar" ;) formulieren , welche Geschwindigkeitsvorteile durch Mehrkernprozessortechnik im Detail erzielt werden können ?


Freu mich auf Eure Meinung und Ein-Kaufberatung


Tausend Dank

Herid Junior Newcomer1 „Ist die Prozessorschnelligkeit "messbar" in Zeitwer“
Optionen

Hallo Newcomer,

daß du mit einem aktuellen Doppel- oder Quadkernprozessor einen fühlbaren Leistungsschub gegenüber einem Athlon XP erzielen kannst, steht wohl außer Frage. Wie groß dieser Leistungsschub genau ausfällt bzw. wieviel Prozent mehr oder weniger es mit einem Q 08/15 im Vergleich zu einem Core 2 Schießmichtot wird, hängt von einer Unzahl von Faktoren ab, wie meine Vorredner schon sagten: Welches Betriebssystem bzw welche Bildbearbeitungs- und Videoschnittprogramme du benutzt (und ob diese für Mehrkernprozessoren optimiert sind), welches Motherboard, welche Festplatte(n), wieviel Speicher verbaut sind... generell halte ich es nicht für sinnvoll, eine Zielvorgabe wie "doppelte Arbeitsgeschwindigkeit bei Videoschnitt" zu machen. Stattdessen würde ich mir überlegen, wie sich bestimmte Hardwareeigenschaften (Speichergröße, Anzahl Prozessorkerne, Cachegröße etc) auf die Rechenleistung auswirken und dann entscheiden, wieviel Geld du jeweils wo hinein investieren willst. Dazu ein paar Überlegungen von mir:

Wie schnell ein Rechner dem Anwender erscheint bzw. wieviel Geschwindigkeitszuwachs der Benutzer bemerkt, hängt ganz entscheidend von der Anwendung ab. Bei Textverarbeitung oder beim Imtnernetsurfen z.B. wird dir dein neuer Rechner genauso schnell/langsam vorkommen wie der alte, weil dabei nämlich deine Tippgeschwindigkeit bzw. deine Internetanbindung der limitierende Faktor ist. Bild- und Videobearbeitung sind rechenintensiv, da bringt ein schneller Prozessor also Vorteile.

Womit wir beim Prozessor wären. Hier gibt es vier Größen, die es zu betrachten lohnt: Taktfrequenz, Anzahl der Kerne, Prozessorarchitektur und Größe des L2 - Cache.
Daß ein Prozessor prinzipiell umso schneller rechnet, je höher seine Taktfrequenz ist, kennt man seit den Anfangstagen des PCs. Rein theoretisch sollte ein Prozessor mit 3,0 GHz um 20% schneller sein als ein - ansonsten baugleicher - Prozessor mit 2,5 GHz, in der Praxis wird dieser Vorteil jedoch zu einem großen Teil dadurch aufgehoben, daß selbst bei rechenintensiven - also "prozessorlastigen" Anwendungen die CPU immer noch viel Zeit damit verbringt, in einem Affentempo auf Daten vom Rest des Computers zu warten. Ein paar Euro mehr für den zweitlangsamsten statt dem langsamsten Prozessor könnten sich möglicherweise lohnen.
Ein grobes Beispiel: ein bestimmter Prozessor wird mit 2,6GHz für 130 Euro verkauft, mit 3,0 GHz für 145,- , mit 3,16 GHz für 180,-.
Den 3,0er würde ich mir leisten, den 3,16er nicht - und wenn du sparen willst, würdest du mit dem 2,6er auch nicht merklich schlechter fahren.

Bei der Prozessorarchitektur gilt es zwischen 65nm- und 45nm- Modellen zu unterscheiden (gemeint ist die Breite der Leiterbahnen in Nanometern). Die neueren 45nm-Modelle unterscheiden sich von den älteren 65nm-Modellen außerdem durch eine optimierte Architektur und eine Erweiterung des Befehlssatzes und sind durch die Bank schneller als die 65nm-Vorgänger. Außerdem erzeugen sie weniger Abwärme. Das witzigste: zum Teil sind sie auch billiger, weil durch die schmaleren Leiterbahnen mehr Prozessoren pro Siliziumwafer hergestellt werden können. Die 45nm-Modelle erkennt man an der Typenbezeichnung "Wolfdale" (Core 2 Duo) bzw. "Yorkfield" (Core 2 Quad). Die alten, nicht mehr empfehlenswerten Modelle heißen "Conroe" bzw. "Allendale" (Core 2 Duo) und "Kentsfield" (Core 2 Quad).

Im Nickles Report Prozessoren 2008 rät Nickles ohne Wenn und Aber zu einem Quadkern-Prozessor. Das mag stimmen, wenn man die reine Rechenleistung im Blick hat, relativiert sich aber deutlich, wenn man Preis und Stromverbrauch mit berücksichtigt (wobei die Preislandschaft in ein paar Wochen wieder ganz aunders aussehen wird).
Zunächst mal stellt sich die Frage: können Betriebssystem und Software überhaupt was mit Mehrkernprozessoren anfangen? Für Windows XP lautet die Antwort ja, das kann mit bis zu vier Kernen umgehen. Wenn es also darum geht, mehere Programme gleichzeitig am Laufen zu haben (dazu gehört z.B. auch ein Virenscanner im Hintergrund), profitiert man definitiv vom Vierkerner. Ob dein Bildbearbeitungs- bzw. Videoschnittprogramm den dritten und vierten Kern nutzen kann, ist eine andere Frage, die dir nur der Hersteller bzw. entsprechende Usergruppen beantworten können.
Den potentiellen zusätzlichen Geschwindigkeitszuwachs bei einem Vierkerner bezahlst du mit einem höheren Anschaffungspreis (Pi mal Daumen 100 bis 150 Euro, immer bezogen auf die 45nm-Klasse) und höherer Leistungsaufnahme (also höhere Stromrechnung, mehr Abwärme, lautere Lüfter). Langfristig hat Nickles sicher recht, wenn er zum Vierkerner rät (siehe auch den verlinkten Artikel), kurz- bis mittelfristig ist es durchaus eine Überlegung Wert, bei einem Doppelkernprozessor zu bleiben und später auf einen Vierkerner aufzurüsten. Bedingung: das Mainboard deines neuen Rechners muß mit Vierkernprozessoren umgehen können.

Ein wichtiger Faktor für die Arbeitsgeschwindigkeit eines Prozessors ist sein Second-Level-Cache, kurz L2-Cache genannt. Es handelt sich dabei um einen Speicher, in dem die Daten aus dem RAM des Rechners für den Prozessor zwischengespeichert werden. Wie schon gesagt verbringt ein schneller Prozessor die meiste Zeit damit, auf neue Daten zu warten, und auf Daten aus dem L2-Cache wartet er wesentlich kürzer als auf Daten aus dem RAM selbst. Je größer also der L2-Cache, desto schneller die Arbeitsgeschwindigkeit des Rechners. Zumindest bei den Doppelkernern würde ich grundsätzlich zum größten verfügbaren Cache greifen (den Core 2 Duo Wolfdale gibt es eh' fast nur mit 2 x 3MB Cache). Bei den Vierkernern ist zwischen 2 x 3MB und 2 x 6MB Cache schon ein substantieller Preissprung, auf die Schnelle konnte ich allerdings nicht herausfinden, wie groß der Leistungsunterschied ist.

Herrje, wenn ich mal ins Schwadronieren gerate... zusammengefaßt würde ich dir folgendes raten: dein neuer Prozessor sollte auf alle Fälle in 45nm-Technik gefertigt sein, also ein Wolfdale (Zweikern) oder Yorkfield (Vierkern). Ob nun Zweikern oder Vierkern, hängt, wie gesagt, von deiner Bildbearbeitungssoftware ab bzw. wie gut sie mehrere Kerne nutzen kann. Du kannst es dir auch einfach machen und die ca. 100 Euro zusätzlich für einen Vierkerner als mittel- bis langfristige Investition in Rechenkapazität sehen, das wäre zwar großzügig kalkuliert, aber keine völlig unvertretbare Verschwendung. Der L2-Cache sollte so groß sein wie möglich, die Taktfrequenz würde ich im mittleren Feld wählen. Wenn man den Prozessorpreis gegen die Taktfrequenz aufträgt, bekommt man normalerweise eine Kurve, die erst relativ flach ansteigt und dann steil nach oben knickt; ich empfehle, sich eine Prozessor kurz vor dem Knick zu suchen.

Wie du selbst schon gesagt hast, hat die restliche Hardware des Rechners einen großen Einfluß auf die Arbeitsgeschwindigkeit, meiner Ansicht nach sogar noch mehr als der Prozessor (CPUs sind schon seit einer ganzen Weile so schnell, daß der Flaschenhals bei der übrigen Hardware liegt). Besonderen Wert sollte man auf die Auswahl eines vernünftigen Motherboards legen. Beim Arbeitsspeicher kommt es weniger auf eine werbewirksam hohen Taktrate an (umso weniger, je größer der L2-Cache des Prozessors ist) als auf die Menge und auf solide Markenware. Nicht daß No-Name-Speicher billiger wäre, aber sein reibungsloses Funktionieren ist Glückssache, und Speicherfehler, die in der Regel nicht reproduzierbar sind, sind verteufelt schwierig aufzuspüren. Wobei die meisten 32-Bit-Betriebssystem nicht mehr als 3GB RAM vernünftig verwalten können, ich würde sogar 2GB für ausreichend halten. Graphikkarten sind für Bild- und Videobearbeitung normalerweise nicht kritisch, da sind Fragen wie Leistungsaufnahme, Lärm und Bildqualität interessanter (letztere in Zeiten des DVI-Ausgangs auch kein Problem mehr). Die Trias Prozessor/Motherboard/Speicher stellt den Kern jedes Rechners dar, mit dem seine Leistung steht und fällt, aber auch das Drumherum - Festplatte(n), optische Laufwerke, Gehäuse etc. wollen mit Bedacht ausgesucht sein, nicht nur der reinen Rechenleistung wegen, sondern auch in Hinblick auf Fragen wie Lärm, Belüftung etc.

Stichwort Betriebssystem: Daß Windows XP wegen seiner geringeren Anforderungen an die Hardware Vista vorzuziehen ist, dürfte wohl einleuchten (von dem ganzen Blödsinn mit DirectX10 und entsprechenden Graphikkarten mal abgesehen geht bei Vista einfach mehr Rechenkapazität für das Betriebssystem drauf als bei XP, und das ist einfach nicht Sinn der Sache). Für einen flink laufenden Rechner ist ein "aufgeräumtes" Windows (egal welches) mit möglichst wenig Hintergrundaktion fast noch wichtiger als die richtige Hardware. Möglicherweise macht es Sinn, Windows auf zwei Partitionen parallel zu installieren, eine "schlanke" Arbeitsinstallation für möglichst schnelles Arbeiten, eine zweite für die testweise Installation auszuprobierender Programme.

HTH