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Die Tafeln - ein McKinsey-Projekt

Tilo Nachdenklich / 47 Antworten / Flachansicht Nickles

Wir kennen ja - zumindest aus dem Fernsehen - diese wahnsinnig hilfsbereiten Menschen, die bei Restaurants nach Resten betteln und damit Obdachtlose und Arme mit Lebensmitteln versorgen. Bei Telepolis ist man nun auf eine Merkwürdigkeit gestoßen:

"Auch die Internetauftritte der Tafeln sind, während viele Vereine und selbst mittelständige Unternehmen immer noch selbst gebastelte Seiten für ausreichend halten, durchweg professionell unter Beachtung der Corporate Identity gestaltet. Der Gesamteindruck erinnert eher an ein Franchise-Konzept nach Art von McDonald\'s als an altbekannte Bürgerinitiativen oder Friedensgruppen. Wer steckt wirklich hinter der erfolgreichen Markteinführung der Tafel®?"

Telepolis vermutet bei dem McKinsey-Projekt Tafeln böse Absicht, den McKinsey ist Harz IV erprobt:

"Für die Tafelentwicklung erleichtert das Wissen um die intensive Einflussnahme von McKinsey das Erkennen ihrer teilweise noch verborgenen Intention: dass sie genau auf den Turnaround zusteuert, den McKinsey immer wieder fordert, nämlich die massive Einschränkung des staatlichen Geldtransfers auf der Grundlage von Bürgerrechten. Statt Geld mit Bürgerrechtsanspruch gibt es großzügige private Spenden an die Bedürftigen auf Grundlage der Menschenrechte."

Die ach so liebevollen Tafeln hebeln deutsches Sozialrecht aus. Wer Sachleistungen erhält, bekommt natürlich weniger Sozialhilfe. Noch wird dieses Recht nicht angewandt:

"Und die Klarstellung (11), um die der Vorsitzende eines Unterausschusses im Bundestag gebeten hat, dass ja wohl mit "anderweitiger Bedarfsdeckung" nicht die Lebensmittel der Tafeln gemeint wären, wird in einer späteren Phase natürlich als "zum Missbrauch von staatlichen Leistungen geradezu einladende Gesetzeslücke" bezeichnet und gestrichen werden."

Wie wird es nun weitergehen? Es wird weitergehen auf dem Weg zum verschlanktem Sozialstaat ohne Rechte der Ärmsten, aber mit einer gewissen Versorgung, die Unruhen verhindern soll:

"Jedenfalls sehen wir also eine Welle der Hilfsbereitschaft auf uns zurollen, die täglich größer wird. Aktuell zum Beispiel durch die Gründung von so genannten Foodbanks auch in Deutschland, die logistisch auf riesige Mengen minderwertiger Lebensmittel ausgerichtet werden und durch die der Lebensmittelausstoß der lokalen Tafeln, die ihren Umsatz längst in Tonnen messen, um ein Vielfaches wachsen wird. "

Ich habe mich immer gefragt, was die Betonung der Privatinitiative, des Wahren, Guten und Schönen in Trikers Thread gegen den nervigen Politischen Stammtisch hier auf Nickles bedeutet, warum musst die Kritik an Leuten wie mir so ausführlich freundlich garniert werden? Jetzt kommt mir ein Verdacht, einige Leute sind Anhänger der McKinsey-Idee...ich hoffe ich irre mich!

Alle Zitate aus dem etwas wirren Artikel von
Telepolis







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Geldwerte Vorteile Olaf19
Geldwerte Vorteile Massafagga
Olaf19 Tom West „Im Klartext: Wenn es nach unserem Staat ginge, dann sollte ich am liebsten noch...“
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Eure Argumentation ist mir zu status-quo-orientiert. Wenn ich im 6. Stock eines Hauses sitze, wo es in Stock 1 - 5 lichterloh brennt, mache ich es mir auch nicht gemütlich und sage, was solls, solange der 6. nicht brennt...

Wegen des Firmenkaffees: Einverstanden - wenn der Chef den Kaffee als betriebliche Ausgabe absetzt, darf er ihn nicht in beliebigen Mengen an seine Angestellten verschenken.

@out-freyn: Klar freuen sich die Obdachlosen, wenn sie von der Tafel was zu essen kriegen - würde ich doch auch. So funktionieren wir Menschen: Man lebt für den Augenblick und denkt nicht ständig in großen (politischen) Zusammenhängen. Aber frag mal einen Betroffenen, wie er es fände, wenn das Tafelessen als "Sachleistung" angerechnet würde auf die Stütze vom Sozialamt. "Selbst wenn es zu einer Kürzung der Leistungen führen würde, stünde den Betroffenen die Wahl frei" - na, da werden sich die Betroffenen aber freuen :-(

@Tom: Mein Hinweis auf den "geldwerten Vorteil" geht keineswegs fehl. Wenn dieser Begriff aus dem Einkommenssteuerrecht kommt und ausschließlich dort angewendet wird, dann hast du mir bestenfalls einen "Formfehler" nachgewiesen.

Nun wollen wir aber doch über Inhalte diskutieren und nicht über Formalien. Lass die Worthülse "geldwerter Vorteil" meinetwegen weg und nimm einen anderen Begriff dafür, (geldwerte) Zuwendungen/Sachleistungen/was auch immer, und schon passt es wieder.

Die Vergleiche mit der "Sozialsemmel" aus dem privaten Umfeld oder Sonderangebotskauf im Supermarkt hinken gewaltig. Das sind einmalige Dinge, die sich im Zweifelsfalls gar nicht nachweisen ließen - die Arbeit der Tafel dagegen erfolgt permanent und ist komplett durchorganisiert.

Dass eine Anrechnung von Sachleistungen seitens der Tafel auf die Sozialhilfe nach derzeit geltendem Recht nicht erfolgen darf, ist ein schwacher Trost. Du siehst ja am Beispiel des Wattenscheider Bezirksverwaltungsmenschen, dass diese Auffassung nicht unumstößlich ist. Wenn man die Diskussionen um Sozialkürzungen, Hartz IV etc. über die Jahre verfolgt, kann man nur zu dem Schluss kommen, der Mann liegt mit seiner Auffassung voll im Trend der Zeit. Lass nochmal ein paar Jahre ins Land ziehen, und er bekommt recht damit.

Anders gesagt: Was, wenn nicht solche Dinge, sollen denn sonst gemeint sein, wenn Vertreter aller etablierten Parteien "tiefgreifende schmerzhafte Einschnitte" ins Sozialsystem androhen?

Nebenbei... meine Freundin hat auch keinen Rechtsanspruch darauf, dass ich sie zum Essen einlade oder ihr Sachen kaufe. Aber lass uns beide mal zusammen ziehen und sie arbeitslos werden. Nach einem Jahr ALG I wird dann auch geguckt, ob sie wirklich so bedürftig ist, dass sie unbedingt Sozialhilfe bekommen muss - oder ob nicht ihr Lebenspartner so gut verdient, dass er sie mit durchziehen kann. Dann müssten wir dem Amt glaubhaft vorspielen, dass wir "nur" eine Wohngemeinschaft führen, und wenn wir ganz großes Pech haben, kommt ein Kontrolletti vom Sozialamt vorbei und guckt in unseren Kühlschrank, ob wir auch wirklich getrennte Lebensmittelfächer haben...

CU
Olaf

Die Welt ist ein Jammertal ohne Musik. Doch zum Glueck gab es Bach, Beethoven, Haendel und Goethe (Helge Schneider)
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@Tom und out-freyn out-freyn
LMAO Massafagga