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Raumkäppchen...(...)

FreddyK. / 1 Antworten / Baumansicht Nickles

Das Maerchen vom Raumkaeppchen

Es war einmal vor vielen, vielen Erdjahren, da lebte auf einem wundervollen, menschengeeigneten Planeten ein kleines Maedchen. Dieses kleine Maedchen war so lieb und brav wie kein anderes Maedchen auf dem ganzen Planeten. Nie aergerte das kleine Maedchen andere Kinder, nie naschte es Synthetikbonbons und nie spielte das kleine Maedchen in verseuchten Gebieten. So kam es, dass seine Mutter ihm fuer seine Folgsamkeit einen kleinen Raumhelm, ein Modell namens `Raumkaeppchen\', schenkte, das es im Sonderangebot gab. Das kleine Maedchen freute sich sehr darueber und trug das Raumkaeppchen von nun an immer, auch wenn kein Smogalarm war. Deshalb nannte einjeder das brave kleine Maedchen von nun an Raumkaeppchen.
Eines Tages kam vom Televisor die traurige Nachricht, dass Raumkaeppchens Grossmutter, die schon hundertsiebzig Jahre alt war, sehr krank sei. Die Grossmutter wohnte auf einem anderen Planeten und war dort sehr, sehr einsam. Die Mutter Raumkaeppchens hatte von ganzem Kunstherzen Mitleid mit der armen, kranken Grossmutter und schickte Raumkaeppchen die Grossmutter besuchen. Raumkaeppchen freute sich sehr, helfen zu koennen. Die Mutter begleitete Raumkaeppchen zum Raumflughafen und gab ihm eine weltraumtaugliche Transportbox mit synthetischem Brot und naturidentischem Fruchtsaft mit dem Aromastoff F162 und vielen anderen guten Dingen. Die Mutter wuenschte Raumkaeppchen viel Glueck und warnte es, von der rechten Raumroute abzukommen. Es solle sich besonders vor heimtueckischen Raumvagabunden hueten und Schwarze Loecher unbedingt meiden. Dann stieg Raumkaeppchen in das Raumschiff und schloss die Luftschleuse. Lange winkte ihm die Mutter nach, bis das Schiff im Hyperraum verschwunden war.
Raumkaeppchen war nicht nur folgsam, sondern auch recht lernbegierig. Schon mit fuenf Jahren hatte es gelernt, mit einem Raumschiff umzugehen. Vor dem Start hatte es das Ueberpruefungsprogramm aktiviert, dann das Startprogramm gestartet und schliesslich hatte es den Autoraumpiloten angeschaltet. Das waren ziemlich viele Dinge, die es in genau der richtigen Reihenfolge tun musste, sonst stand ERROR auf dem Bildschirm, und das Korrekturprogramm aktivierte sich selbst. Aber Raumkaeppchen hatte den Raumflugschein fast ebenso leicht geschafft wie den Fuehrerschein. Nun lag Raumkaeppchen auf einer Couch in der Norm-Gravity-Zone und malte in einem Malbuch. Als es so mit dreifacher Lichtgeschwindigkeit dahinflog, kam Raumkaeppchen ein toller Einfall. Es koennte der Grossmutter eine Freude machen und ihr zu dem kuenstlichen Brot und unechten Fruchtsaft echten Kuchen mit Wein mitbringen. Das in einem echten Korb wirkte bestimmt nostalgisch. Diese Dinge gab es auf Procion V, ein Planet ganz in der Naehe. Es legte das Malbuch zur Seite und rannte froehlich zum Kontrollpult.
"Hallo, Computer. Ich moechte gerne auf Procion V echten Kuchen mit Wein und einem Korb fuer Oma kaufen", sagte Raumkaeppchen.
"Bestaetige verstandene Eingabe. Ein Umweg ueber Procion V wuerde eine Stunde Zeit ohne Aufenthalt kosten. Sauerstoff, Wasser, Nahrung und Treibstoff sind genuegend an Bord. Bestaetigen Sie bitte, dass Sie eine Kursaenderung ueber Procion V wuenschen." erwiderte der Bordcomputer freundlich.
"Ja, ich bestaetige die Kursendigung."
"Das Wort `Kursendigung\' ist nicht in meinem Speicher enthalten. Wenn Sie das Wort `Kursaenderung\' meinten, bestaetigen Sie dies. Wenn nicht, waehlen Sie ein gebraeuchlicheres Wort. Ich entschuldige mich fuer die Unannehmlichkeiten."
"Ich mein\' das Wort, das du dannach gesagt hast, du doofer Kasten. Da versteht mich ja meine QuadroMedia-Anlage besser."
"Danke fuer die Bestaetigung. Ich werde jetzt die Kursaenderung ueber Procion V einleiten. Ueber Besonderheiten, die sich neu ergeben sollten, werde ich Ihnen natuerlich berichten."
Raumkaeppchen gab dem Bordcomputer noch einen Tritt und ging zurueck zu seinem Malbuch. Den Clown hatte sie schon fast fertig ausgemalt.
Mit gewaltigen Feuerstrahlen setzte Raumkaeppchens Raumschiff zur Landung an und kam sanft auf dem Boden auf. Nach einem dreisekuendigen Test bemerkte der Bordcomputer: "Athmosphaere atembar, keine Anzeichen von Gefahr erkannt. Die Luftschleuse kann geoeffnet werden."
"Das waere ja auch noch schoener, wenn es nicht so waere!" nuschelte Raumkaeppchen veraergert.
Es liess sich vom Computer die Luftschleuse oeffnen und ging hinaus. Gleich in der Naehe war ein Kiosk, der auch natuerliche Lebensmittel fuehrte. Aber noch bevor Raumkaeppchen den Kiosk erreicht hatte, huepfte ein Raumvagabund von einem procionischen Riesenpilz herunter.
"Hallo", sagte er. "Wer bist du, und was hast du in deiner weltraumtauglichen Transportbox?"
"Ich bin das Raumkaeppchen, und ich bringe synthetisches Brot und naturidentischen Fruchtsaft mit dem Aromastoff F162 und vielen anderen guten Dingen zu meiner kranken Grossmutter."
"Oho", sagte der Raumvagabund. "Wo wohnt denn deine Grossmutter, und welche Identifikationsnummer besitzt sie?"
Bereitwillig gab Raumkaeppchen Auskunft: "Sie wohnt auf dem Altenplaneten hinter den drei Meteoritenfeldern. Sie hat die wohlklingende Identifikationsnummer 8366 26 2231."
Und kaum hatte der Raumvagabund die Nummer in sein Speicher- und Kommunikationsarmband eingegeben, da war er auch schon auf und davon.
Komisch, dachte Raumkaeppchen, vermutete aber nichts Boeses dahinter. Es kaufte echten Kuchen und Wein, schon fertig verpackt in einen Korb, und ging wieder in sein Raumschiff. Der Schiffscomputer begruesste es hoeflich und liess es nach einer kurzen Identifikation ein. Und schon kurz nachdem Raumkaeppchen den Baum im Malbuch angefangen hatte, befand es sich schon wieder im Hyperraum.
Aber zur selben Zeit war der Raumvagabund auch schon unterwegs zum Altenplaneten hinter den drei Meteoritenfeldern, um vor Raumkaeppchen bei der Grossmutter mit der wohlklingenden Identifikationsnummer 8366 26 22 31 zu sein. Und der Raumvagabund hatte einen schnellen Raumkreuzer, der im Hyperraum die sieben komma fuenf - fache Lichtgeschwindigkeit schaffte!
Als Raumkaeppchen sich vom Computer ein Haehnchenschnitzel bestellte, meldete der Computer ein Funksignal. Es war ein Schiff der Intergalaktischen Polizei. Das Schiff meldete, dass es einen Routinecheck in diesem Raumsektor durchfuehre, um den Alkoholpegel im Blut der Piloten zu ermitteln und um Schmuggler dingfest zu machen. Blitzschnell wurde es Raumkaeppchen bewusst, dass es eine Flasche Wein besass. Es war verboten, Alkohol von Planeten auszufuehren. Raumkaeppchen schaltete das Schiff auf manuelle Kontrolle um und schaltete die Warp-Triebwerke ein. Die Motoren heulten auf. Raumkaeppchen beschleunigte auf die dreieinhalbfache Lichtgeschwindigkeit und flog ein paar Haken, um das Hyperraum-Radarsystem der Polizei zu verwirren. Dann tat es das, was es schon oft am selbstprogrammierten Simulator geuebt hatte. Es schaltete den Radarstoerer ein, verbarg sich hinter dem naechsten Planeten und schaltete alle Systeme aus. Aber der Bordcomputer weigerte sich, mitten im Weltraum die Ueberlebenssysteme auszuschalten. Raumkaeppchen wusste nicht, wie man diese Sicherheitssperre ueberwand. Trotzdem hatte es Glueck. Das Polizeischiff flog davon. Nach ein paar Minuten schaltete Raumkaeppchen wieder alle Systeme an und verlangte nun erneut das Haehnchenschnitzel. Der Computer aber wies darauf hin, dass das Schiff sich nur zwei Minuten vom Zielplaneten befinde.
Raumkaeppchen hoffte, dass die Grossmutter Haehnchenschnitzel im Kuehlschrank hatte, verkniff sich aber eine weitere Beleidigung fuer den Computer. Dann setzte das Schiff zur Landung an.
Der Altenplanet war ein Planet, der nur von Rentnern ab mindestens hundertzwanzig Jahren und Pflegern ab siebzig Jahren bewohnt wurde. Viele Alte wollten unter sich sein, und fuer sie war dieser Planet genau das Richtige. Der Planet war von der `Young Corp\' gegruendet worden, die auch schon den Jugendplaneten mit grossem Erfolg bewohnbar gemacht hat. Raumkaeppchen blickte auf die Lichter des Raumflughafens unter dem Schiff. Natuerlich gab es keine zerbrechlichen Sichtfenster, sondern nur sicherere Kameras an der Aussenhaut des Schiffes. Mit einem gemieteten Fahrzeug fuhr Raumkaeppchen zum Haus der Grossmutter.
Die Grossmutter liess Raumkaeppchen ein und begruesste es herzlich: "Lass dich anschauen, mein Kleines! Gross bist du geworden. Ja, ja, du siehst schon aus wie deine Mutter. Aber jetzt komm und iss erst einmal etwas. Der Flug war bestimmt anstrengend, oder?"
"Oh ja", sagte Raumkaeppchen, nachdem es sich aus der Umarmung der Grossmutter befreien konnte. "Hast du Haehnchenschnitzel da?"
"Natuerlich, mein Schatz. Ich war eben noch in der Stadt und habe dein Leibgericht gekauft."
"Danke, Oma."
"Aber das habe ich doch gerne getan, mein Goldkind."
Die Freude war bei der Grossmutter gross, als Raumkaeppchen den Korb aus der Plastiktuete holte: "Ein echter Korb - so einen habe ich seit meiner Jugend nicht mehr gesehen. Was ist denn darin?"
"Echter Kuchen und Wein", sagte Raumkaeppchen stolz.
Die Grossmutter schnitt zwei grosse Stuecke Kuchen ab und gab Raumkaeppchen eines davon. Dafuer liess Raumkaeppchen sogar sein Haehnchenschnitzel stehen. Die Grossmutter trank Wein, gab Raumkaeppchen aber natuerlich nur Pepsi. Einst sollte es noch eine andere Cola namens Coca gegeben haben, aber das waren nur Geruechte.
Waehrend sie assen, steuerte der Raumvagabund immer noch auf den Altenplaneten hinter den drei Meteoritenhaufen zu. Ploetzlich zeigte sein Gravitationsmesser eine immense Gravitation an. Der Raumvagabund wurde an ein unsichtbares Ziel gezogen. Hinter den drei Meteoritenhaufen befand sich kein Planet, sondern ein Schwarzes Loch. Der Raumvagabund haette vorher in der Sternkarte nachschlagen sollen, wohin er fliegt. Er hatte dem Wort des Maedchens getraut, um eine Grossmutter zu besuchen, mit der er Mitleid hatte, weil sie krank und einsam war. Gierig sog das groesste Geheimnis dieses Universums den Raumvagabunden auf.
In diesem Moment sackte die Grossmutter Raumkaeppchens in sich zusammen und stuerzte auf den Boden. Roechelnd zuckte sie noch einmal und blieb dann bewegungslos liegen.
Raumkaeppchen grinste. Das war die Antwort der Leber- und Nierenerkrankung auf echten Kuchen und Wein. Alte Leute, die noch so sehr die Nostalgie liebten, waren so leicht reinzulegen. Endlich konnte Raumkaeppchen erben. Den anderen wuerde es sagen, dass es nur wie Rotkaeppchen gehandelt haette. Woher sollte es wissen, dass in dem Maerchen, das man ihm oft erzaehlt hatte, ein fataler Fehler steckt?

Und die Moral von der Geschicht: in Maerchen mag viel Wahrheit stecken, aber oft steckt darin auch viel Gefahr.

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zappa FreddyK. „Raumkäppchen...(...)“
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Coole Story !

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