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Die CIA und die Nazis

jueki / 26 Antworten / Flachansicht Nickles

heute, Mo 10.01.2011 21:05 auf N24:

Im Herbst 1945, sechs Monate nach der Kapitulation Deutschlands und dem Ende der Nazi-Herrschaft, begann in Nürnberg der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher. Zugleich traten mehr als 4.000 ehemalige Nazis in den Dienst der US-Regierung, um in Westdeutschland gegen die Sowjetunion zu spionieren oder als Wissenschaftler und Ingenieure die US-Forschung zu unterstützen.

Wer sich für Geschichte interessiert, wird das wohl interessant finden.

Jürgen

- Nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich im offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen "NEIN!" Kurt Tucholsky
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shrek3 jueki „ Für mich nicht. Für mich bedeutet das, das ich mich klar zu meiner Sprache,...“
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ich muß mich nicht fortwährend bei jedem ausländischen Bürger dafür entschuldigen, das ich Deutscher bin

Mir ist das in meinen weit mehr als 50 Jahren auch nicht ein einziges Mal passiert, dass ein Gespräch mit einem anderen Staatsbürger einen Verlauf genommen hätte, bei der ich das Gefühl hätte bekommen können, mich für meine Staatszugehörigkeit "entschuldigen" zu müssen.

Dabei bin ich in früheren Jahrzehnten öfters mal von holländischen, britischen oder französischen Staatsbürgern (meist in der selben Altersgruppe wie ich damals) gefragt worden.

Ich hatte niemals ein Problem damit, wenn jemand durch ein Gespräch mit mir herausfinden wollte, ob er es mit einem "anderen" Deutschen zu tun hat oder ob es wirklich stärkere Zusammenhänge zwischen der deutschen Mentalität (z.B. Obrigkeitsdenken, preußischer Gehorsam und eiserner Disziplin) und den Nazi-Verbrechen gibt als in anderen Volksmentalitäten.

Mir standen aber auch nie eigene nationale Gefühle im Weg, die mich u.U. dafür blockiert haben könnten, mich voll und ganz auf die Fragen einzulassen.

An deren Stelle hätte ich mir ebenfalls gerne einen persönlichen Eindruck davon im Gespräch mit einem Deutschen gemacht - nur so entstehen andere Eindrücke, die das Bild vom Deutschen verändern können.

Und machen wir uns nichts vor - wäre uns dasselbe durch Briten, Franzosen oder Polen usw. passiert - wir hätten die selben Fragen an Staatsangehörige dieses ehemaligen Verbrecherregimes gestellt.

Ich habe aber auch mitbekommen, wie solche Gespräche bei anderen Deutschen verlaufen können.
Die einen verlegten sich aufs Herumeiern - andere sagten zwar, dass Hitler scheiße gewesen sei, gingen aber danach tendenziell sofort dazu über, darauf zu verweisen, dass derartiges genauso gut auch bei anderen Völkern hätte passieren können - die Deutschen im Grunde also nicht schlimmer als andere Völker auch seien.

So kann man solchen Fragestellern nicht begegnen - man kann die (berechtigten) Fragen eines anderen nicht dadurch zufriedenstellend beantworten, indem man ihm sagt, dass sein Volk zu den selben Verbrechen fähig gewesen sei.

Weil ich mich nicht schäme, Deutscher zu sein. Wie es mein Vati und meine Mutti auch waren.
Ich trete nicht einfach in die Fußstapfen meiner Eltern hinein - ich bin meinen eigenen Weg gegangen.

Ich identifiziere mich auch nicht als Deutscher - habe mir irgendwie immer eine gewisse innere Unabhängigkeit bewahrt, auch wenn ich einen deutschen Pass habe, deutsch spreche und auf die gleiche Weise erzogen wurde wie wohl die meisten meiner Altersgruppe und mit der Art, wie wir hier leben, sicherlich auch verwurzelt bin.

Und was die Sprache betrifft - ich liebe es, an meinen Worten herumzufeilen, schmecke die Worte regelrecht ab, bevor ich sie zu Papier oder zu Gehör bringe. Ich bin da eher Gourmet als Kostverächter.

Aber stolz auf die deutsche Sprache?

Sooo toll ist sie auch wieder nicht - sie ist eine eher nüchterne, beschreibende und dennoch komplizierte Sprache, die relativ arm an Bildern und poetischen Umschreibungen ist.

Abgesehen davon gibt es in anderen Bereichen auch viel Schatten in Deutschland. Lange danach suchen muss man auch nicht - etwas überspitzt auf den Punkt gebracht, reicht es ja fast schon, einen Streifzug durch deine Unmutsbekundungen über (natürlich nicht nur) deutsche Politiker und profitgeile Unternehmen und Banker zu machen, um den Eindruck zu bekommen, dass es geradezu von deutschen Realitäten wimmelt, auf die man/du überhaupt nicht stolz sein kann/st.

Solche Gegenwarts-Wirklichkeiten interessieren mich aber sehr viel mehr als kulturellen Sprachleistungen aus vergangenen Tagen, die man zudem überall sonst in der Welt in allen anderen Kulturen ebenfalls antrifft.

Auch die heutige Esskultur gibt immer weniger Anlass, darauf stolz zu sein - sie war noch nie fragwürdiger. Das ist aber eher ein weltweites Phänomen.

Zur Kultur:
Mag sein, dass generell auch in anderen Ländern nur die Klassiker hochgehalten werden - speziell in der Malerei und Literatur. Doch in der Musik gehen von Deutschland schon lange keine befruchtenden Impulse mehr aus.

Was mir noch einfällt, wäre die Wissenschaft. Doch das Zentrum wissenschaftlicher Forschung ist Deutschland nicht zuletzt durch Hitler-Deutschland auch nicht mehr. Immerhin hat Deutschland eine gewaltige Tradition - in der Vergangenheit mehr als andere Kultutren auf die Beine gestellt.

Und die deutsche Mentalität? Ich bin froh, dass wir seit 40-50 Jahren endlich unser Obrigkeitsdenken abgelegt haben und vom autoritären Regierungs- und Familienstil abgekommen sind.

Doch reicht es, dem Stolz vorwiegend aus den sich hauptsächlich aus der Vergangenheit speisenden Tugenden wie Organisationstalent, Disziplin und Fleiß Nahrung zu geben, um damit prima leben zu können?

Bei näherer Sicht auf einzelne Kulturpunkte stelle ich eher fest, dass es gar nicht so einfach ist, auf Deutschland stolz zu sein - zu vieles ist längst Vergangenheit und manches andere ist nicht so doll wie es scheint...

Gleichwohl halte ich die BRD für eines der besten Länder der Gegenwart, was sie zugleich zu einem der besten Staatsgebilde seit Bestehen der Menschheit erhebt - allerdings nimmt Deutschland da keine Ausnahmestellung ein, da diese Aussage allgemein auf den Westen zutrifft.

Stolz macht streitbar - geht mir viel zu sehr Hand in Hand mit der Bereitschaft dazu.

Gruß
Shrek3
Fatal ist mir um das Lumpenpack, das, um Herzen zu rühren, den Patriotismus trägt zur Schau, mit all seinen Geschwüren. Heinrich Heine
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