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News: Zoff um Schrift-Plagiat

Microsoft kriegt kein Patent für Vista-Schriftart

Redaktion / 11 Antworten / Baumansicht Nickles

Vista kommt mit einer neuen Schriftart namens "Segoe". Microsoft wollte diese angeblich selbst entwickelte Schriftart als Geschmacksmuster schützen lassen - und ist damit gescheitert. Bereits seit einigen Monaten kritisieren Typografieexperten "Segoe" als ein Plagiat der Schriftart "Frutiger Next", die vom deutschen Unternehmen Linotype stammt.

Linotype hatte deshalb bei der zuständigen EU-Behörde Beschwerde eingereicht und jetzt Recht bekommen. Auch die EU-Experten betrachten "Segoe" und "Frutiger Next" als sozusagen identisch und haben es daher abgelehnt, dass Microsoft ein Geschmacksmuster dafür eintragen kann.

Olaf19 Redaktion „Microsoft kriegt kein Patent für Vista-Schriftart“
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Ist es nicht eher umgekehrt der Fall, dass Microsoft nunmehr befürchten muss, von Linotype zur Kasse gebeten zu werden? Oder am Ende sogar keine Genehmigung für die Verwendung Segoes als Systemzeichensatz zu bekommen?

CU
Olaf

Onkel25Gandalf Olaf19 „Microsoft kriegt kein Patent für Vista-Schriftart“
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Oftmals sind Grundlage solcher Plagiate Schriftartendesigner, die gerade keine Lizenz erteilen wollen (auch nicht gegen Lizenzgebühren). Um die Schriftart doch nutzen zu können, muss sie dann eben abgeändert werden, auch wenn sich das dann in Nuancen bewegt, die ein Normalnutzer kaum erkennen kann. So gibt es so ziemlich jede Schriftart von mind. drei Fontschmieden...

Bei Microsoft war es - denke ich - aber eher der Versuch (Lizenz-)Kosten einzusparen, als eine völlig verweigerte Lizenz. Und bei einer Systemschriftart, die auf Millionen von Computern genutzt wird, wären diese sicherlich kein Pappenstiel. Jetzt muss Microsoft eben zahlen, oder auf ihr FrutigerNext-Plagiat verzichten...

Onkel25Gandalf Nachtrag zu: „Oftmals sind Grundlage solcher Plagiate Schriftartendesigner, die gerade keine...“
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...obwohl die Tatsache, dass Microsoft kein Gebrauchsmuster dafür eingetragen bekommen hat, nicht automatisch bedeuten muss, dass die Schrift ein Plagiat ist. Nur eben nicht weit genug vom Original entfernt, um ein solches Ausschließlichkeitsrecht rechtfertigen zu können.

Kokosbaer Redaktion „Microsoft kriegt kein Patent für Vista-Schriftart“
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Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass Linotype sein Produkt für über 500 Euro anbietet :-)

Übrigens interessant wie aktuell Wikipedia mal wieder ist. Da steht es auch schon :-)

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rill Redaktion „Microsoft kriegt kein Patent für Vista-Schriftart“
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Gedicht (zwo, drei, vier)

von n8schicht gefunden bei Heise


Frei nach der Comedy auf SWR3
"Wenn Kleine Große fragen":

Papa?

> Ja, mein Kind?

Wenn Typen sich einander gleichen,
wenn Zeichen schmiegt sich ganz an Zeichen,
sich selbst der Zwischenraum verliert

Wenn einer denkt: "s'wird keiner merken
wenn ich mir nehm was andre werken
und dann sag ich hätt's kreiert"

Wenn ein Mensch so übel handelt
ist dann sein Leumund nicht verschandelt?

> Äh, kannst Du die Frage vielleicht nochmal wiederholen...?

*SCNR* :-)

hellrobin rill „Auf den Punkt gebracht:“
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GENAU so ist es!
Starker Beitrag!
Die Großen können machen, was sie wollen-
die Kleinen Fische sind immer gleich dran, gefangen zu werden. Ganz egal wo...

dl7awl Redaktion „Microsoft kriegt kein Patent für Vista-Schriftart“
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Dann kriegen sie eben kein "Patent", aber weh tun wird ihnen das auch nicht. Ist ja noch nix im Umlauf, was nennenswerte Lizenzforderungen seitens Linotype begründen könnte.

Vermutlich war doch genau das auch der Zweck des versuchten Geschmacksmusterschutzes: ein Versuchsballon, um etwaige Minen zur Explosion zu bringen, bevor man das Feld betritt.

Insofern ist die Rechnung für Microsoft doch hervorragend aufgegangen. Das können sie nun ohne große Schmerzen so lange mit leicht veränderten oder anderswo geklauten Schriften wiederholen, bis es irgendwann mal klappt.

Einem Konzern, der zwar üppige Geschütze gegen Rechteverletzer in Stellung zu bringen weiß, dessen Erfolg aber seit Jahrzehnten ganz wesentlich auf der rücksichtslosen Ausbeutung fremder Ideen beruht, hätte ich gern eine "richtige" Ohrfeige und nicht bloß so einen Klaps gegönnt...

Gruß, Manfred

Markus Klümper dl7awl „Dann kriegen sie eben kein Patent , aber weh tun wird ihnen das auch nicht. Ist...“
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Tja, bei dem Klaps ist ja leider nur geblieben weil MS bzw. seine vermutlich 1000-Mann-Starke Rechtsabteilung genau wissen was sie tun. Wie Du schon treffend geschrieben hast. Andererseits: Ob es wirklich nur ein Versuchsballon war ist auch nicht sooo sicher. MS traue ich einige Dreistigkeiten zu...

Olaf19 dl7awl „Dann kriegen sie eben kein Patent , aber weh tun wird ihnen das auch nicht. Ist...“
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> Ist ja noch nix im Umlauf, was nennenswerte Lizenzforderungen seitens Linotype begründen könnte.

Das zwar nicht, aber es wäre eine Katastrophe für Microsoft, wenn man dieses Thema einfach "auf sich zukommen ließe". Schlimmstenfalls könnte es dazu führen, dass Vista wegen einer Lizenzverletzung wieder vom Markt genommen werden müsste. Deine "Minenaufspürungstheorie" trifft es IMHO schon ganz gut...

Interessehalber: "Ein Konzern [...] dessen Erfolg aber seit Jahrzehnten ganz wesentlich auf der rücksichtslosen Ausbeutung fremder Ideen beruht" habe ich im Laufe der Jahre schon öfter gelesen, leider aber immer nur in Form einer pauschal in den Raum gestellten Behauptung. Ist das irgendwo dokumentiert? Das würde ich dann gerne mal in Ruhe nachlesen.

CU
Olaf

dl7awl Olaf19 „ Ist ja noch nix im Umlauf, was nennenswerte Lizenzforderungen seitens Linotype...“
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Hallo Olaf,

ob es irgendwo gesammelt dokumentiert ist, weiß ich nicht. Bei mir ist es letztlich "nur" die Summe vieler zeitlich weit auseinander liegender Einzeleindrücke (u.a. als regelmäßiger c't-Leser), die zu dem von Dir zitierten Fazit geführt hat. Natürlich habe ich mir nicht jeden einzelnen gemerkt; ich könnte jetzt spontan nur einige markante Beispiele bringen:

- MS-DOS war nicht von Microsoft entwickelt, sondern von einer unbedeutenden Firma ("qdos") sehr billig eingekauft worden. Was blieb einem in letzter Minute auch anderes übrig, man konnte ja schließlich nicht voraussehen, dass IBM für seinen lange angekündigten und weltweit mit Spannung erwarteten "Industriestandard"-PC auch ein Betriebssystem brauchen würde...

- Alles, was so nach und nach an guten Ideen in MS-DOS einfloss, stammte ursprünglich von Norton und anderen unabhängigen Herstellern, die mit pfiffigen Tools jene Funktionalität beisteuerten, die MS-DOS vermissen ließ, obwohl sie jeder brauchte. M$ arbeitete immer nach gleichem Muster: Gute Fremd-Ideen wurden abgekupfert oder "nachepfunden", manchmal natürlich auch mit roher Finanzgewalt eingekauft. Indem man möglichst viel von den guten Ideen übernahm und zum Teil des Betriebssystems machte, wurden die externen Tools der Ideengeber überflüssig und versanken in der Bedeutungslosigkeit. Microsoft hat sehr oft den Trend verpennt, andere hatten die guten Ideen, aber trotzdem hat M$ damit das meiste Geld gemacht.

- Wer erinnert sich noch an 'dblspace' ? Ein DOS-Treiber, der durch transparente Kompression die Festplattenkapazität nahezu verdoppeln konnte. Damals eine geniale Sache, angeblich erfunden von Microsoft. Später wurde nachgewiesen, dass die Kompressionsalgorithmen - also das, was am meisten Gehirnschmalz kostet - praktisch 1:1 aus geklautem Code einer kleinen Fremdfirma bestanden. Microsoft wurde gerichtlich gezwungen, diesen Weg zu verlassen. Ab da hieß der Treiber plötzlich von einem Tag auf den anderen 'drvspace', machte aber genau das gleiche, und war nun abgeblich wirklich von M$. Es ging weiter als wäre nichts gewesen. Man fragt sich nur, wo der so schnell herkam. Sicherlich war er nicht von Null an neu entwickelt worden, vermutlich wurde mehr Energie in "Tarnung" als in originale Entwicklung gesteckt...

- Grafische Oberflächen, Mausbedienung usw. sind nicht bei Microsoft "erfunden" worden, sondern meines Wissens bei Xerox - und das zu einer Zeit, als es Microsoft noch gar nicht gab. Auch Apple und Digital Research ("GEM") waren sehr viel früher und längst ausgreift, als Microsoft mit viel Trara ein dilettantisches DOS-Plugin namens "Windows" vorstellte, das noch nicht einmal den Namen verdiente, weil richtige, d.h. überlappende Fenster damit noch auf lange Sicht gar nicht möglich waren. Trotzdem wieder mal: erst die Entwicklung verpennt, später die Ideengeber in Nischen abgedrängt und selber das meiste Geld damit gemacht.

- Man könnte auch das Internet erwähnen: In der ersten Hälfte oder gegen Mitte der 90er etwa muss es gewesen sein, da hatten andere längst dessen Potenzial für den breiten Markt erkannt - aber Microsoft, visionslos wie fast immer, tat es als "nutzlosen Spielkram" ab und träumte weiterhin nicht etwa vom globalen Dorf, sondern von der totalen Beherrschung des Desktop (man bedenke: alle Windows-Versionen vor Win95 waren von Haus aus nicht internetfähig! Unixe konnten das schon in den 70ern).

- Als man bei M$ dann doch endlich aufwachte, wiederholte sich das Strickmuster beim "Browser-Krieg": Führend sowohl nach Qualität als auch Marktanteil war lange Zeit Netscape. Während dort echte Innovationen erdacht wurden (z.B. Javascript, Layers usw....), konnte Microsoft nur hinterherhecheln. Gute Ideen wurden fast ausschließlich von anderen übernommen; für Sicherheit, Stabilität und Benutzerfreundlichkeit reichte die Puste schon gleich gar nicht. Da wurde die knappe Energie dann lieber in diverse inkomatible und nicht standardkonforme HTML-Erweiterungen gesteckt, auf dass andere Browser sich an derart codierten Seiten hoffnungslos blamieren sollten. Die aber waren ohnehin schon auf dem absteigenden Ast der schwindenden Marktanteile, weil sie eben nicht wie IE kurzerhand zum Teil des Betriebssystems erklärt und zwangsverbreitet werden konnten...
Um überhaupt noch eine ehrenvolle Rolle spielen zu können, war Netscape sozusagen zum Harakiri gezwungen (sprich: Freigabe des Quellcodes)...
Wir wissen, wie die Geschichte weitergeht: der Internet Explorer ist auch heute unter allen bekannten Browsern der wahrscheinlich rückständigste und unsicherste, hat aber trotzdem (noch immer) den höchsten Marktanteil...
Da jedoch Firefox bedenklich aufholt, wird Microsoft tun, was es in solchen Situationen immer getan hat: dessen gute Ideen schamlos übernehmen.

- Möchte auch nicht wissen, was M$ im Laufe der Jahre alles an Know-How oder gar Code aus Open-Source-Projekten "gezogen" hat, ohne die entprechenden Lizenzbedingungen (z.B. GPL) einzuhalten...

Tja, Olaf, das ist es, was mir dazu spontan einfällt. Es mag aus der Erinnerung heraus nicht in allen Details korrekt sein, aber die wesensmäßige Aussage stimmt sicher.

Schönen Gruß,

Manfred

P.S.: Übrigens, das Editorial der aktuellen c't passt auch irgendwie zum Thema...

[Diese Nachricht wurde nachträglich bearbeitet.]

Olaf19 dl7awl „Hallo Olaf, ob es irgendwo gesammelt dokumentiert ist, weiß ich nicht. Bei mir...“
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Hi Manfred,

danke für deine große Mühe - das wollte ich eigentlich gar nicht auslösen, dass sich meinetwegen jemand so in Arbeit stürzt ;-)

Mein Standard-Joke zu dem Thema lautet:
- gestern noch hatte der Internet Explodierer gar kein Tabbed Browsing (bis IE 6)
- heute hat er es (IE 7 beta)
- morgen werden die Spatzen von den Dächern pfeifen, dass Bill Gates höchstpersönlich das Tabbed Browsing erfunden habe ;-))

Letztlich ist es so, dass jeder von jedem das Beste übernimmt - der Firefox hatte lange vor dem IE das Tabbed Browsing, erfunden hat es aber Opera; Apple und Atari hatten Windows lange vor Microsoft, aber erfunden hat es Xerox (wusste ich übrigens gar nicht!).

Zwischen Microsoft und allen anderen sehe ich 2 Unterschiede: Microsoft wartet mitunter sehr sehr lange ab, bevor eine längst bewährte Technik endlich übernommen wird, so wie mit den Windows und dem Tabbed Browsing. Da Microsoft eine geradezu erdrückende Marktpräsenz innehat, wird die Einführung einer neuen Technik bei MS-Produkten besonders stark wahrgenommen, wodurch oft der Eindruck entsteht, Microsoft habe es erfunden, auch wenn dem beileibe nicht so ist.

Aber wie dem auch immer sei - solange sich Bill Gates das Tabbed Browsing nicht patentieren lässt, ist es schon OK, dass der IE 7 das hat ;-)

CU
Olaf