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News: EU-weit nur noch Platz 10

Schrumpfende Computerkenntnisse in Deutschland

Michael Nickles / 62 Antworten / Flachansicht Nickles

2008 lagen die Deutschen bei Computerkenntnissen im EU-weiten Vergleich noch auf Platz 4. Eine vom Bitkom in Auftrag gegebene Studie zeigt jetzt, dass es eine böse Entwicklung in Richtung Keller gibt. Prozentual sieht es nicht so schlimm aus.

2008 verfügten noch 60 Prozent der Bundesbürger über mittlere bis gute Computer-Kenntnisse, aktuell sind es nur noch 58 Prozent. Dieses Schrumpfen um nur 2 Prozent katapultierte Deutschland allerdings von Platz 4 auf Platz 10 der EU-Rangliste.

Spitzenreiter bei PC-Kenntnissen ist Island mit 77 Prozent, auf Platz 2 liegt Luxemburg mit 75 Prozent und Dänemark bringt es mit 73 Prozent auf Platz 3. Die meisten "DAUs" gibt es in Lettland (51 Prozent). Hier die Hitparade in grafischer Darstellung:

Mathematisch durchgewurstelt ergibt sich gesamt betrachtet eine erfreuliche Sache. Im Durchschnitt der 27 Mitgliedsländer verfügt gut die Hälfte (52 Prozent) der EU-Bürger über mittlere bis gute PC-Kenntnisse. Das sind 5 Prozent mehr als 2008.

Untersucht hat der Bitkom auch den Fachkräftemangel der PC-Branche, der ihr größtes Wachstumshemmnis ist und bleibt. Mehr als jedes zweite Unternehmen (54 Prozent) will laut Bitkom in diesem Jahr zusätzliches Personal einstellen.

Zwei Drittel der Unternehmen (63 Prozent) jammert nach eigenen Angaben aber darunter, für offene Stellen nicht das geeignete Personal zu finden. Diese Aussagen ermittelte der Bitkom anhand einer aktuellen Befragung seiner Mitgliedsunternehmen. Für IT-Spezialisten soll es in Deutschland aktuell 38.000 offene Stellen geben. Die seien nicht oder nur schwierig zu besetzen.

Der Bitkom meint, man müsse mehr junge Menschen für technische Themen, Ausbildungen und Studiengänge begeistern. Sie fordert auch, dass Informatik als Pflichtfach in der Sekundarstufe II eingeführt wird. Und es sollen auch mehr Frauen für die Hightech-Branche gewonnen werden.

Michael Nickles meint: 38.000 offene Stellen, zwei Drittel der Unternehmen jammern, für offene Stellen nicht das geeignete Personal zu finden. Ich behaupte mal, dass es "da draußen" eine ganze Menge Leute gibt, die verdammt viel Ahnung von Computerzeugs haben, aber keinen Job finden!

Vermutlich geht es aber um verdammt spezialisierte IT-Leute. Wenn man im Internet nach "IT-Jobangeboten" sucht, dann findet man beispielsweise so Sachen:

Wir fordern: Ausgiebige Kenntnisse mit C#, .NET, ASP.NET oder MVC, SCRUM, Kanban, WPF, HTLM, AJAX und CSS, Oracle und MS SQL Server, NHybernate und "weiß der Henker was".

Hinzu kommen natürlich perfekte Deutsch-/Englischkenntnisse, Bereitschaft zu "flexiblen" Arbeitszeiten (also vermutlich "unbezahlte Überstunden), perfekte Teamfähigkeit und wie immer höchstens 30 Jahre alt mit mindestens 10 Jahren Berufserfahrung.
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Andreas42 Michael Nickles „Schrumpfende Computerkenntnisse in Deutschland“
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Hi!

Eine sehr interessante Sache. In der Pressemitteilung der Bitkom findet man auch ein paar Aussagen, darüber wie die Daten erhoben wurden.
http://www.bitkom.org/de/presse/8477_72853.aspx

"Zur Methodik: Grundlage für die Angaben ist eine Auswertung von Daten der europäischen Statistikbehörde Eurostat. Für den EU-Vergleich zu Computer-Kenntnissen wurden Frauen und Männer zwischen 16 und 74 Jahren in allen Mitgliedsstaaten repräsentativ befragt. In Interviews mussten sie Angaben zu ihren Fähigkeiten im Umgang mit dem PC machen. Kriterien waren unter anderem die Nutzung von Kalkulationstabellen sowie das Erstellen eines Computerprogramms mit Hilfe einer speziellen Programmiersprache."

Offenbar mussten die Befragten sich und ihre Kenntnisse selbsteinschätzen (das war zu erwarten; einen Fähigkeitentest durchzuführen wäre hier viel zu aufwendig).

Meiner Meinung nach ist es durchaus realistisch, wenn hier die Fähigkeiten im Mittel sinken. Die Masse wird mehr zum Anwender, die speziellen Technikkenntnisse werden für den normalen Computerbetrieb gar nicht mehr gefordert. Früher musste man unter MSDOS und Windows schon einige Spezialkenntnisse mitbringen, um einen Rechner zu installieren und am Laufen zu halten.

Ich selbst würde mir heute weniger Kenntnis ausstellen, als noch vor 10 Jahren: damals hab ich noch Rechner selbst zusammengebaut, ständig installiert und privat programmiert. Vom Wissen her war ich da immer auf der Höhe der Zeit, auch was Dienste im Internet angeht.

Heute bastle ich kaum am Rechner und bin, was die Internetdienste angeht, weit hinten an. Leute denen ich noch die ersten Rechner ausgesucht und installiert habe, machen mir heute mit iPhone, iPad, Cloud-Diensten und Facebook gnadenlos was vor. Alles Sachen, die ich nicht nutze und bei denen ich daher auch keine Kenntnisse habe.
Die reinen Anwenderkenntnisse dürften da über die Masse der User stärker steigen, als technisches Spezialwissen. Wenn man das gleich stark gewichtet, dann kommt bei Leuten mit unverändertem Spezialwissen, die sich in der Modernen "Userwelt" weniger gut auskennen, ein geringerer gemittelter Wissenstand als früher raus.
Den normalen Anwendern, die ihre Anwendungsfälle gut kennen fehlt aber das Spezialwissen, so dass sie ebenfalls kein gemitteltes hohes Wissen bekommen werden. Als Ergebnis muss sich da ein gesunkener Wissenstand ergeben.

Die Unterschiede zwischen den Ländern im 65% bis 75% Umfeld und denen zwischen 50% und 60% kann ich mir aber auch nicht erklären. Ich dachte erst das seien Länder, in welchen Englisch als Sprache einen höheren Stellenwert besitzt (diese könnten dann neue Entwicklungen bereits mitmachen, wenn sie in den USA aufkommen; die anderen müssen einfach warten, bis die lokalen Dienste sich durchsetzen und sind daher zeitlich einfach etwas hinterher). Allerdings gehören Irland und GB zur Gruppe der Länder unter 65%...

Es könnte natürlich auch ganz banal eine Folge der Facebooknutzung sein, falls sich in den 65%+ Ländern Facebook bereits früher durchgesetzt hat. Facebook dürfte Smartphones fördern, was dann auch die Cloud-Nutzung fördert (postuliere ich jetzt Kraft eigener Arroganz). Falls Facebook und Cloudkenntnisse erfragt wurden, wäre der Unterschied dann erklärbar. 

Update: meine Spekulation war evtl. falsch. Man kann Informationen über die Daten der Studie im Netz finden:
http://epp.eurostat.ec.europa.eu/cache/ITY_PUBLIC/4-26032012-AP/DE/4-26032012-AP-DE.PDF

Die stammen aber schon vom März 2012...


Die Hauptseite zu den Statistiken ist übrigens diese: http://epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/page/portal/eurostat/home

Es ist etwas schwierig da die passenden Daten zu finden. Ich denke, das sind sie: http://epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/page/portal/information_society/data/main_tables

Hier gibt es eine Untergruppe zu IT-Kenntnissen.

Wenn ich mir die Daten ansehe, dann kann man IMHO erkennen, das Deutschland 2011 bei den Computerkenntnissen zur Spitengruppe gehört. Im Bereich der Internetkenntnisse allerdings deutlich abfällt.


Wenn man beides Zusammenzählt, könnte da schon ein Rückgang herauskommen. (ich hab das nicht nachgerechnet...)
 
Bis dann
Andreas
   

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